mOn DiEu! sQuisHy WaR noCh niCht aM NotRe DamE…

HaLLo, hiER iSt SquiShy, dEr niCHt auSreIChenD verrEistE TinTenfiSch. Und im Gegensatz zu meinem Freund Tim Drache war ich bisher noch nicht in Paris. Tim hatte sogar die Gelegenheit den Notre Dame zu sehen – letztes Jahr im Sommer. Jetzt ist er abgebrannt. Notre Dame. Nicht Tim.

Paris ist wie London eine faszinierende Stadt der Menschen. Beide pulsieren von Leben und von Geschichte. Man kann ihre Gravitas geradezu spüren. Bei Tintenfisch-Städten ist das natürlich anders. Nicht, dass sie keine Gravitas besäßen – im Gegenteil. Aber sie haben nicht diese langen Traditionen, dieses konservierende. Tintenfische leben im Ozean, der konstanter Wandlung unterworfen ist. Korallenriffe sind sogar ganze große, komplexe Lebewesen als solche. Sie wachsen und gehen mit Strömungen und Gezeiten, verändern sich laufend. Schon morgen kann die Nachbarschaft wieder ganz anders aussehen. Wir haben auf dem Meeresgrund gar nicht die Möglichkeit, unsere Vergangenheit erhalten zu wollen. Das widerspricht sogar der Sache an sich.

Wir haben das auch gar nicht nötig. Menschen sind gezwungen, aus ihrer Geschichte zu lernen. Mit reiner Vernunft kommt ihr leider nicht so weit, dass ihr massive Dummheiten vermeidet. Das haben wir euch voraus (wie übrigens auch die Zahl unserer Herzen und, was man nicht außer Acht lassen darf, unserer Gehirne). Die Menschheit hat dafür gelernt, ihre Unzulänglichkeiten durch das Bewahren der eigenen Geschichte auszugleichen. Oft reicht das nicht unbedingt, wie nicht wenige etwas seltsame Vertreter in der deutschen Politik zeigen. Auch in Frankreich und anderen Ländern zeigt sich, dass es für die Menschen wichtiger denn je ist, aus ihrer Geschichte zu lernen.

Umso trauriger ist es zusehen zu müssen, wie so ein Monument nicht nur französischer Geschichte, sondern mit Notre Dame ein Wahrzeichen einer ganzen Epoche in Flammen aufgeht. Ich interessiere mich ja schon eine Weile für Kunst und bin bei einem solchen Gebäude besonders wehmütig, sind doch die gotischen Kathedralen wirkliche Meisterwerke, Notre Dame ist jetzt nicht das großartigste Beispiel, dafür aber das weltweit bekannteste und zählt zweifelsohne zu dem berühmtesten Bauwerken, die die Menschheit in ihrer Geschichte hochgezogen hat.

Für Menschen ist ihre Geschichte identitätsstiftend. Im Gegensatz zu uns lebt ihr immer mit eurer Vergangenheit im Hinterkopf – nicht nur, um aus ihr zu lernen, sondern auch, um in einer gemeinsamen Geschichte einen Indikator für Zusammenhalt und Zugehörigkeit zu finden. Ich und viele andere Nichtmenschen finden das manchmal etwas seltsam, dass man die eigene Identität von den Errungenschaften und Taten anderer, oft lange verstorbener Individuen abhängig macht. Im Extrem führt das zu kuriosen Themen wie Nationalbewusstsein, das ich auch an dieser Stelle nicht ausschöpfen kann. Nazis, oh ihr üblen Gestalten, eines Tages erwische ich euch noch. Notre Dame hat da in mehrere Hinsicht eine solche Funktion: Identität als Christen, Identität als Europäer oder Franzosen, Identität als Touristen. Nicht wenige berufen sich in ihrem Tun auf abendländisch christliche Werte, Tugenden und Traditionen (nicht, dass Hindus frei von Tugenden wären oder dass diese gänzlich aussähen oder dass Traditionen wie Ostereier oder Weihnachtsbäume tatsächlich christliche Ursprünge hätten, aber, naja… Religion, noch ein anderes Thema – ich schweife oft genug ab, das muss ich nicht forcieren). Ein Bauwerk wie Notre Dame symbolisiert eben diese Werte und das tatsächlich über Grenzen und sogar Konfessionen hinweg. Und dieses Symbol, das nebenbei ein handwerkliches Meisterwerk ist, wäre beinahe komplett zerstört worden. Aber eben nur beinahe.

Dabei muss man erst einmal ein Lob an die Pariser Feuerwehr abgeben, die es tatsächlich geschafft hat, das Bauwerk so weit zu retten, dass man es wieder aufbauen kann. Man hätte da auch eine Menge falsch machen können, was das Feuer möglicherweise gelöscht, die Struktur aber unwiederbringlich zum Einsturz gebracht hätte. Wenn Donald Trump vorschlägt, tonnenweise Wasser aus Löschflugzeugen abzuwerfen, haben nicht nur Menschen nicht genügend Hände, sondern Tintenfische auch nicht ausreichend viele Tentakel für den notwendigen, epischen Facepalm. Naja, Trump hat mal in einem Feuerwehrauto gesessen – scheinbar reicht ihm das, um sich für einen Experten zu halten und beurteilen zu können. Zum Glück hört keiner auf hemmungslose Dilettanten und Notre Dame konnte vor der kompletten Zerstörung bewahrt werden.

Jetzt also geht es tatsächlich an den Wiederaufbau und, Überraschung, an Geld wird es nicht mangeln. Die Spendenbereitschaft überreicher Unternehmer ist geradezu schockierend und es ist kaum eine Frage, dass man dieses Vorhaben finanziell gestemmt bekommt. Über diese Großzügigkeit, die bei den Superreichen nicht unbedingt selbstverständlich ist, kann man sich freuen.

Oder vor Wut platzen. Aus Gründen.

Und ich kann es irgendwo auch verstehen. Da sprudelt mit einem Mal eine knappe Milliarde Euro aus dem Nichts hervor. Was könnte man damit alles machen? Wie viele von Armut und Hunger bedrohte Menschen kann man damit versorgen? Wie viele Tiere vor dem Tod retten? Und ihr habt ja auch Recht. Ich verstehe die Frustration, die da heraufkommt, insbesondere bei denen, die sich für gute Zwecke engagieren und denen es ständig an Geld mangelt, um vernünftig helfen zu können. Und plötzlich sprotzen die Geldsäcke die Kohle raus, um einen ollen Sakralbau zu retten. Da könnte man doch glatt schreien vor Wut.

Natürlich kommt ein „Aber“. Und es ist ein großes „Aber“, deutlich größer als das dumme Argument, der Vatikan habe doch selbst genug Geld, dieses Bollwerk des Katholizismus zu reparieren. Dumm, weil Notre Dame gar nicht der katholischen Kirche gehört, sondern dem französischen Staat, der in den letzten Jahren nicht wirklich durch Liquidität bekannt geworden ist. (Klar, die Kirche könnte natürlich ihr Vermögen auch freiwillig aufbringen, aber das halten sie bestimmt noch wegen eventuell aufkommender Entschädigungszahlungen noch zurück.) Mein Einwand hat auch nichts mit der Frage zu tun, ob dieser Kirchenbau jetzt wertvoller ist als ein Menschen- oder Tierleben. Diese Frage stellt hoffentlich niemand wirklich, egal wie wichtig es für euch ist, sich an die Geschichte zu erinnern. Es hat vielmehr damit zu tun, dass wir es hier mit Spenden zu tun haben. Spenden sind freiwillig und jeder kann mit seinem eigenen Geld erst einmal machen, was er will. Gut finden muss ich das nicht. Leider könnt ihr diese Großspender nicht dazu zwingen, für das zu spenden, das ihr wollt. Persönlich sehe ich es auch nicht gerne, wenn jemand für so dubiose Vereine wie die AfD spendet, verhindern kann ich das allerdings nicht. Und im Sinne aller verfassungsmäßiger, humanistischer, aufgeklärter und persönlicher Freiheit ist das eigentlich auch gut so. Ihr wollt euch auch sicher selbst entscheiden, ob ihr für die Kinderkrebshilfe, den Tierschutzverein oder die Welthungerhilfe spendet und engagiert, je nachdem, was für euch persönlich am meisten am Herzen liegt – und das muss man akzeptieren.

Mal ehrlich, da kommen die Bonzen aus ihren Löchern und spenden für einen guten Zweck ihrer Wahl. Da sollte man sie doch vielleicht lieber für loben und ermutigen, auch für andere Dinge zu spenden, anstatt sie für ihre neu gefundenen philantropischen Tendenzen mit einem Shitstorm zu überziehen, der sie wieder in ihre protektionistischen Löcher zurücktreibt.

Das Problem ist ja: Der Shitstorm trifft nur diejenigen, die etwas spenden. Die ganzen miesen Geizhälse, die auf ihren Milliarden sitzen und ihr Vermögen nur noch mehr vermehren, für die interessiert sich keiner. Hackt doch bitte auf denen rum als auf denjenigen, die tatsächlich mal was von ihrer Kohle hergeben, egal wofür. Es gibt auf der Welt genug Reichtum und Vermögen, um diesen Planeten zu retten, vielleicht mehrfach sogar. Das Problem sind nicht die, die ihr Vermögen für etwas einsetzen, das in euren Augen vielleicht das falsche Ziel ist. Das Problem sind die Arschlöcher, die stattdessen den Planeten noch mehr gefährden, nur um ihren Reichtum zu vergößern.

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