sQUIshY erKLärt, wAs kuNSt isT?

iCH unD dIe kiNDer voM HÜLsenbeCk. oDEr voM rUNge.

HalLo, sQuiShy iSt zuRüCk, nach langer Abwesenheit, um euch endlich mit höherer Weisheit zu erfreuen. Und ich habe mir gleich ein ganz besonders kniffliges Thema herausgesucht: Kunst. Ich bin gerade auf dem Rückweg von Hamburg, wo ich alles Mögliche betrachtet habe, darunter auch die Hamburger Kunsthalle. Das war schon interessant, wenngleich auch verwirrend. Und da ich ja vor einigen Monaten dieses Thema schon einmal am Wickel hatte, dachte ich mir, dass das DIE Gelegenheit ist, mal die Frage zu klären, was, wie und warum Kunst ist.

Alle einigermaßen intelligenten Wesen haben den Drang, Kunst zu produzieren. Das gilt also nicht nur für Tintenfische, sondern auch für Menschen. Delfine bekommen meistens nur dumme Strichmännchen hin. Nicht unbedingt so das Wahre, insbesondere, weil sie meistens mit Wasserfarben malen. Egal, was andere sagen, aber wer sich dazu dressieren lässt, für ein paar alte Fische durch Reifen zu hüpfen, ist nur bedingt helle. Kunst ist also ein Ausdruck von Intelligenz. Und das Wort „Ausdruck“ gibt es schon ganz gut wieder, denn Kunst drückt etwas aus. Nicht etwa Furunkel, wie man meinen könnte, auch wenn (und das hatte ich vorher schon mal gesagt), einige so genannte Kunstwerke auch nicht besser aussehen, als hätte jemand da einen großen, fetten Abszess auf die Leinwand gewürgt.

Kunst muss also etwas ausdrücken, sonst ist es keine Kunst. Tumbe, hirnlose Vollpfosten produzieren keine Kunst. Manche versuchen es, stellen sich ins Rampenlicht und (jede Bohlen-Show beweist dies) versuchen ihrer jämmerlichen Existenz zu entkommen und durch mehr oder minder grausames Gejaule Aufmerksamkeit zu generieren. Und Aufmerksamkeit ist für viele Größe. Und so können sie sich groß fühlen, auch wenn sich alle Welt über sie echauffiert. Durch neue Medienkanäle wie YouTube oder Instagram kann das auch immer jeder überall, auch ohne Bohlen. Kontrovers ist so oder so die Frage, ob die Gier nach Geld auch etwas ist, das man ausdrückt.

Lassen wir mal alle Kunst im erweiterten Sinne beiseite (Musiker, Schriftsteller und so genannte Lebenskünstler, die auch nichts anderes sind als neu etikettierte Versager…

[EINSCHUB: Es gibt Menschen und andere Kreaturen, die unverschuldet ganz unten ankommen, denen das Schicksal übel mitspielt. Einmal mit der falschen Auster geschlafen, bäm! Und neben betrogener Liebe auch Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Mut an der faschen Stelle – „Klar probiere ich diese lustige Spaßpille mal aus!“ – alles Dinge, die ein Individuum so aus der Bahn schießen können, dass sie aus dem System rausfallen und kaum wieder aufzustehen vermögen. Manche von ihnen haben nichts anderes mehr als ein Fragment Würde und vielleicht eine Miesmuschel, oder bei Menschen einen Hund, als einzigen letzten Freund. Beides sollte man ihnen nicht nehmen. Es gibt aber auch einige, die aus Bequemlichkeit „aussteigen“ und sich eine „alternative Lebensgestaltung“ aneignen, die am Ende nichts anderes ist, als dass andere sie durchfüttern. Mein Cousin Flöbbl ist so einer. Kommt immer zu den Feiertagen vorbeigeschwommen, bringt etwas krudes, aus Seegras geflochtenes bizarres Etwas mit, das niemand will, und erwartet, dass wir ihn drei Tage durchfüttern, reich beschenken und so über die nächsten Monate bringen, die er damit verbringt, sich selbst Karten zu legen und dabei Räucherstäbchen zu knabbern (anzünden geht draußen auf dem Riff schlecht). Verdammt, Flöbbl! Such dir einen Job, am liebsten im Aquarium (da lassen sie dich an den Feiertagen nicht raus!) Solche Leute meine ich mit Versagern. EINSCHUB ENDE]

Lassen wir also mal alle Kunst im erweiterten Sinne beiseite und widmen uns der so genannten „Bildenden Kunst“. Ich meine hier auch nicht das, was in den letzten Jahrzehnten zunehmend als angewandte Kunst aufkam: Architektur, Film, Design… Ich benenne hier das, was die Theoretiker als „freie Kunst“ bezeichnen, wobei „frei“ so eine Sache ist. Entspricht mehr dem neuzeitlichen Ideal…

Was soll Kunst? Was will Kunst? Was will uns Kunst also sagen? Das hat sich in den Jahrhunderten immer wieder geändert. Und wenn ihr Angst haben solltet, dass ich jetzt hier einen kunstgeschichtlichen Rundumschlag veranstalte, kann ich euch beruhigen. Ihr bekommt genau den – in seiner Kurzfassung. Da ich hier vornehmlich menschliche Leser habe, nehme ich dazu mal die Kunst der Menschen. Tintenfischkunst ist etwas komplexer und mit nur einem Gehirn leider schwer zu erfassen. Sorry, not sorry.

Der Steinzeitmensch war vor allem ein Illustrator. Er dokumentierte seinen Alltag. Jagdszenen vor allem. Ich frage mich, ob es vielleicht sogar eine Art Anleitung zur Jagd war, aber da kenne ich mich nicht aus. Mit der Zeit kamen Darstellungen von Göttern hinzu. Man kam mit zunehmender Gehirngrößer immer weniger damit klar, sich Dinge nicht erklären zu können. Und statt das eigene Unwissen einzugestehen, dachte man sich Götter als ultimative Platzhalter aus. Machtstrukturen entstanden und die Mächtigen wollten doch nicht zugeben, dass sie keine Ahnung hatten.

Damit rasseln wir schon in die Antike. Neben dem ganze Göttergedöns, das in dieser Zeit zunahm und dazu herhalten musste, die Götter, die man nicht sah, auch anbeten zu können, wurden nun auch mal Geschichten erzählt. Aber es kam auch mal der Mensch in den Fokus. Einerseits gab es Idealmenschen, diese ganzen Diskuswerfer zum Beispiel mit ihren monströsen Oberkörpern, die nicht nur aussahen, wie aus Marmor gehauen, sondern dies auch waren. Aber immer mehr kamen auch echte Menschen in der Kunst vor. Bei der ganzen immer unübersichtlicher werdenden Götterwelt und der voranschreitenden Philosophie wurde manchem so schwindlig, dass er sich lieber mit dem Hier und Jetzt befasste. Und das war für manche erschreckend. Die Leute ließen sich selbst abbilden, um nicht vergessen zu werden. Wenn man am ewigen Leben nach dem Tod (zu Recht) zweifelte, wollte man doch zumindest in den Köpfen der anderen Unsterblichkeit erlangen. Erinnerung war alles, fiel jemand in Ungnade, war es das schlimmste, seinen Namen zu tilgen, seine Bildnisse zu zerschlagen und ihn zur Vergessenheit zu verdammen (condemnatio oblivionis – das gab es wirklich… heute reicht es, wenn der beste Kumpel dir in volltrunkenem Zustand einen Penis auf die Wange kritzelt und davon ein Foto bei Facebook hochlädt, um nie und nimmer vergessen zu werden). In der späten Antike war Kunst der Ausdruck der Angst vor dem Sterben und vergessen werden.

Dann kamen die Christen an die Macht. Alles ungläubige Antikgewerkel wurde geschreddert, Philosophen aus dem Gedächtnis gelöscht. Sterben war toll, weil ja alle in den Himmel kamen (naja, durch Erbsünde und ambivalente Bibeltexte und Auslegungen eher alle in die Hölle…). Da aber niemand das verdammte Buch lesen konnte, wurde die Story in die Kunst gegeben. Alle erzählten nur noch die eine Geschichte rauf und runter. Und alle Bilder sehen gleich aus. Und alle Köppe auch. Wenn die Menschen heute dieses Zeug sehen, denken sie, man konnte damals einfach nur nicht besser malen. Konnten sie aber schon, wollten sie nur nicht.

Mit der Renaissance haben sie es wieder gelernt. Und es dauerte etwa 400 Jahre, bis sie es erneut verlernten. In der Zeit dazwischen wurde alles gemalt. Menschen, Häuser, Bäume und Schmetterlinge. Auch Austern. Schlachten, Debatten, Nachtwachen. Mal strukturierten sie ihre Bilder beinahe mathematisch durch, entdeckten die Tugenden der Antike wieder, mal ging es um dramatische, tiefe Gefühle. Und ebenso wie die Geschichte der Menstruation ist auch die Geschichte der Kunst eine Geschichte voller Missverständnisse… im Barock ging es um mehr als nur dicke Frauen (sogar Rubens war dafür bekannt, hin und wieder ein ordentliches Gemetzel auf die Leinwand bannen zu lassen – Stichwort „Löwenjagd“ oder „Höllensturz der Verdammten“), in der Romantik nicht um Parkbänke im Mondschein, sondern auch gerne mal um Schiffsunglücke (siehe Gericaults „Floß der Medusa“, das sogar Kannibalismus thematisiert, oder Friedrichs „Eismeer“) und Natur mit einer den Menschen erschlagenden Erhabenheit.

Wir kommen zu dem Punkt, an dem Kunst anfing, tatsächlich frei zu sein. Und der Auslöser (welch Wortwitz…) war die Fotografie, die eigentlich dazu geeignet schien, eigentlich zumindest der Malerei den Todesstoß zu geben. Der eigentliche Witz war, dass die Kunst endlich nicht mehr die Funktion inne haben musste, die nun die Fotografie übernahm. Der Zwang, nach der Natur zu malen, war von jemand anderem übernommen. Die Kunst starb damit nicht, sie war plötzlich frei. Sie begann zu spielen.

Und jetzt kommen wir zu dem lustigen Teil, in dem die Pferde blau werden, die Gesichter eckig, Urinale gefeiert und schließlich irgendwelche Komiker mit einem Mal nichts anderes auf ihre Leinwand pappen als ein schwarzes Quadrat. Ja. Ein schwarzes Quadrat ist ein schwarzes Quadrat und nichts anderes. Und natürlich hat jeder Idiot recht, der jetzt sagt, das hätte er oder sie auch hinbekommen. Stimmt. In den meisten Fällen stimmt das. Und genau so haben auch die ganzen Pseudoschlauen Recht, die dann einwenden „hast du aber nicht“, als würde das irgendwas ändern. Die klingen dann immer so, als hätten sie alles durchschaut und die Idioten sind ruhig, während sich die Pseudoschlauen als die Intellektuelle Elite fühlen. Sind sie aber nicht, die Penner. Und verstanden haben sie das mit dem Quadrat nämlich auch nicht.

Die Frage ist ja, warum, als dieser Russe namens Malewitsch ein schwarzes Quadrat malte, das Kunst war, während jedes andere schwarze Quadrat genau das nicht ist – egal, ob jemand es Jahrzehnte vor oder nach dem Russen gemalt hätte. Durch die Fotografie konnten die Künstler spielen, konnten hinter die Kulissen des rein Sichtbaren schauen. Einer der Trends war die Abstraktion und die Suche nach den wahren Formen. Das Ganze wurde immer absurder, bewegte sich immer weiter von der Natur weg. Und Malewitsch führte das Ganze zu einem Ende. Er setzte hinter diesen ellenlangen Satz der Abstraktion endlich einen Punkt. Und der Punkt war quadratisch. Zu keinem anderen Moment hätte dieser Punkt Sinn gemacht. Auch in. diesem Satz machen einige. Punkte keinen Sinn

Aber am Ende fehlt einer. Da muss einfach einer hin.

Und wer heute ein schwarzes Quadrat malt, ist ein Nachmacher. Und wer besserwisserisch darauf besteht, dass das doch jetzt auch Kunst sei, ist ein Idiot.

Und heute? Inzwischen ist die Frage, was Kunst sei, hoch umstritten. Ist jedes Gekotze, jedes Geschmiere unbedingt Kunst? Ist Kunst inzwischen so sehr Geschmackssache, dass die Frage, ob etwas Kunst sei, jeder für sich selbst entscheiden darf?

Es ist tatsächlich etwas komisch geworden. Kunst ist eine manchmal unausgesprochene Konvention zwischen Künstlern, Kritikern, Ausstellern und Galeristen, Auktionshäusern und Sammlern. Manchmal benötigt man als Laie eine Anleitung im Umfang einer Gebrauchsanleitung für einen Teilchenbeschleuniger zum Verständnis. Die Kunstelite freut sich dann, wie schlau sie doch sei, wenn sie über einem Haufen Dreck herumphilosophiert. Währenddessen stehen alle anderen drum herum und schütteln den Kopf über eine Videoinstallation, in der sich nackte und mit Kunstblut beschmierte Großmütter Regierungserklärungen diktatorischer Regimes des 18. Jahrhunderts entgegenbrüllen, gezeigt auf drei alten, flackernden Röhrenfernsehern, die an Fahrradketten von der Decke baumeln und in dem gestörten Rhythmus des Herzens des Künstlers schwingen, den er bei seinem letzten, von Bergen und Zigaretten und Litern von Rotwein induzierten Infarkt hatte.

blUTkuNsT?

Also ist Kunst tot? Nein, auch das ist zu banal und zu pauschal gesagt. Einige Künstler schaffen es, der Elite die Zunge herauszustrecken und ihr ihre Absurdität vorzuführen. Andere schaffen es, mit ihren Werken doch noch zu berühren. Das kann die Brutalität des RAF-Zyklus von Gerhard Richter sein, das können die einfachen, aber proportionell und farbig unglaublich harmonischen Farbflächen von Mark Rothko sein oder freche Aktionen wie das sich selbst schreddernde Bild von Banksy. War das Kunst? Und was war die Kunst? Das Bild? Die geplante Aktion? Oder dass sie scheiterte und der Schredder auf halber Strecke versagte? In jedem Fall hat es die Gemüter bewegt, hat die Leute staunen lassen, nachdenken und einfach mal streiten lassen. Wenn das nicht Kunst ist? Was dann?

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