sQuisHy bElls, SquiShy BeLLs, sqUisHy aLL tHe Way… HaLLo! Es ist Heiligabend. Weihnachten. Das Fest der Liebe, Familie… die ersten Menschen sind früh unterwegs, um als Lohnsklaven ihr Tagewerk zu verdingen und auf die verzweifelten Ehemänner zu warten, denen irgendwie zu entfallen scheint, dass Weihnachten ist. Gegen 09:15 Uhr versammelt sich eine Traube Hoffnungsloser im Einkaufszentrum vor der Parfümeriekette und tritt nervös von einem Bein auf das andere. Öffnen sich die Türen, quellen sie herein und, betäubt von Dämpfen, die an die Gefährlichkeit von Senfgas heranragen, taumeln sie von einem Regal zum anderen. Dabei ist jetzt schon klar, dass sie mit einem von zwei Möglichkeiten wieder herauskommen werden: Geschenkset oder Gutschein. In jedem Fall haben sie ein kleines, türkises Tütchen in der Hand.
Mal ehrlich: Was sagt ein Parfümeriegutschein tatsächlich aus? „Du stinkst und es ist mir egal, was du dagegen tust, aber hier ist Geld. Tu was!“ Man kann natürlich auch Kosmetika dafür kaufen. Dann ist die Aussage eben auf das Aussehen bezogen… auch nett.
Heiligabend im Einkaufszentrum ist das Tollste… wenn man alle Geschenke zusammen hat oder Tintenfisch ist und eh nix auf den ganzen Hype gibt. Und ein Hype ist es. Es wird ein rasendes Gewese um dieses Fest gemacht. In seiner Uridee geht es hier um die Geburt des christlichen Erlösers (Erlösung wovon eigentlich?) aber daran denkt so ziemlich niemand mehr. Es geht vielmehr um drei Dinge:
Kaufen, Schenken, Fressen oder vielmehr Kaufen, Kabbeln, Kotzen
Wochenlang wird gekauft, die gut organisierten haben seit den Sommerferien bereits die ersten Geschenke im Schrank. Der Durchschnitt wartet bis zu Beginn der Adventszeit. Manche leben gerne gefährlich und drehen sich desorientiert zu Heiligabend inmitten der Menschenmassen um sich selbst. Und das jedes Jahr wieder, denn Weihnachten ist auch ein Fest der Traditionen.
Beinahe jedes Jahr läuft Weihnachten in den menschlichen Haushalten nach dem gleichen Schema ab, das sich über die Jahre kaum ändert. Mit fortschreitender Baumzuchttechnologie wird der Kauf des Weihnachtsbaumes und die Dekoration desselben immer weiter nach vorne gelegt. Vor zwanzig bis dreißig Jahren war das noch der Beginn der Heiligabendfeierlichkeiten inklusive des ersten Familienstreits. Der allerdings ist nach wie vor eines der wichtigsten Bestandteile der Feierlichkeiten, egal wann er ausbricht. Egal ob es Kartoffelsalat oder Forelle, Gans oder geröstete Kokosnuss gibt, vorher gibt’s Ärger. Nervosität und Anspannung, gepaart mit unrealistischen Erwartungshaltungen führen dazu, dass Menschenlarven amoklaufen und die ausgewachsenen Exemplare einem Nervenzusammenbruch nahekommen. Der Anlass ist in der Regel minimal bis nicht existent. Eine Weihnachtsbaumkugel sitzt schief, die Lichterkette ist vertüddelt (schon wieder!), das it das falsche Mehl, aber doch nicht in so einem Pullover! Hat man sich erst einmal angeheizt, geht es fröhlich los… Da werden notfalls alte Familiengeschichten ausgegraben und müssen an diesem Tag nochmal so hochgekocht werden, dass es brennt. Wann kommt man schon in so gemütlicher Runde alle zusammen, um endlich das eine oder andere Familienmitglied für die eigene Misere, das individuelle Totalversagen verantwortlich zu machen. Man schmollt sich dann bis 16:00 Uhr an und geht in einigen Fällen in die Kirche. Das ist die christliche Tempelanlage. Die feierliche Atmosphäre und die Tatsache, dass man jemanden hat, dem man all die Verantwortung aufbürden kann (sich selbst, denn im christlichen Glauben tragen alle eine automatische Schuld in sich), sorgen dafür, dass man wieder etwas herunterkocht und bereit ist für die Geschenkorgie.
Wer nicht in die Kirche geht, beschenkt sich direkt und spätestens dann, wenn man sich gegenseitig mit Konsumgütern zuschmeißt, ist alles wieder gut.
Spätestens wenn die ersten Kinderspielzeuge kaputt sind und die Blagen ins Bett geschickt wurden, werden größere Mengen Alkohol ausgepackt und es wird gelacht und dann weitergestritten bis alle atemlos in ihren Sesseln hängen. Die Kraft ist aufgebraucht, der Ärger verraucht.
Eine einsame Schneeflocke fällt und vermag es nicht, die aufgerissenen Wunden zu bedecken. Das dauert. Alle verkriechen sich und sammeln Kraft.
Fürs nächste Schlachtfest.
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