HalLo, iCh biN eS mAL wiEdeR, sQuiShy, dER zOCkenDe TintENfISch. Gaming Controller sind komplizierte Angelegenheiten, wenn man nur zwei Hände hat und die Biester irgendwie festhalten und dann den Rest der Griffel auch noch koordinieren muss, um all die lustigen Knöpfe in der richtigen Reihenfolge drücken zu können. Mit nur einem Gehirn, das zwei Hände und zehn Finger zu verantworten hat, ist das schon eine leichte Überforderung für viele. Für mich kein Problem, denn Tintenfische haben (ich glaube, das erwähnte ich schon) neun (!) Gehirne. Wenn man kein Tintenfisch ist und einem das ganze schon zu viel Aktivität abverlangt, der gönne sich ein „Let’s Play“-Video auf YouTube.
Ach, YouTube, dieser Tummelplatz gescheiterter Profilneurotiker, sowohl in den Beiträgen, als auch im Wildwuchs der Kommentare, diese gigantische Pannenshow, bei der die primäre Panne der Verlauf der menschlichen Evolution zu sein scheint. Hier hat jeder seine Plattform und kann unqualifizierten Schrott in die Welt hinauspöbeln. Hausfrauen können sich endlich wichtig fühlen, weil sich andere Hausfrauen mit einem Daumen hoch für ihren Einkauf im Drogeriemarkt begeistern können (Stichwort „dm-HAUL“). Das sind die Damen im Hamsterrad einer gescheiterten Ehe gefangen und können ihrer eigenen Existenz dadurch einen vermeintlichen Sinn verleihen, indem sie ihn mit anderen Leidensgenossinnen teilen. Geteiltes Scheitern ist halbes… öhm…
Die Fortgeschrittenen sind dann die, die ihren Drogeriebesuch mit Schminktipps abschließen, also Anleitungen für Menschen, die ihre eigene Visage so unerträglich finden, dass sie sie hinter einer zentimeterdicken Schicht Makeup verbergen. Unter einem Kilo Foundation und Contouring, dekoriert mit scheinbar aufgestempelten Cara-Delevigne-Memorial-Augenbrauen verbirgt sich ein menschliches Wesen, dessen wahres Gesicht kaum zu erahnen ist. Statt zu ihren kleinen, nicht selten liebenswürdigen Fehlern zu stehen oder Vorzüge dezent zu unterstreichen (wenn es denn nun Makeup sein soll), wird die Visage lieber unter einer komplexen Prozedur begraben, die für jeden Clown zu viel Arbeit wäre.
Alleine dem Wildwuchs YouTube könnte man mehrere Beiträge widmen, über Influencer und bis hin zu Verschwörungskloppis. Menschen sind es so sehr gewöhnt, dass alles, das über einen Bildschirm flimmert und das Wort „Fakt!!1!“ beinhaltet, auch Wahrheiten von sich gibt. Man kann den letzten Scheiß bei YouTube einstellen und es wird Idioten geben, die es am Ende glauben. Verschwörungstheorien kommen definitiv auf die Liste zu bearbeitender Themen für meinen kleinen Blog…
Die Konsumenten von YouTube Videos haben es gut. Sie wählen sich einen Artikel aus, der ihnen vage interessant erscheint (meist trifft der YT-Algorithmus da eine mehr oder minder unpassende Vorauswahl, sodass man nicht einmal mehr aktiv suchen muss), danach geschieht alles dank Autoplay automatisch. Ein Filmchen reiht sich an das andere, der Konsument hängt in orthopädisch bedenklicher Pose (Knochen sind halt kein Vorteil!) auf dem Sofa und lässt alles unkritisch über sich ergehen. Dazu wird der Pappburger in einen Energydrink getunkt und halb in die verpickelte Fresse geschoben, halb in der nicht existenten Botanik verteilt.
Eine besonders unter Kids und Teens beliebte Sparte ist dabei das „Let’s Play“. Dabei zeichnen andere Zocker ihr Spielerlebnis auf und stellen es ins Netz. Auf dem Bildschirm beobachten wir diese Menschen dabei, wie sie Spaß haben und hin und wieder „Aaalter!“ rufen oder mit einem „Bruh!“ ein Geräusch von sich geben, das eher dem einer Portion hochgewürgter Frühstücksflocken entspricht. Der Konsument amüsiert sich an den hochwertigen Kommentaren und stößt mit einem kehlig gemurmelten „bruh…“ selbst ein paar Burgerkrümel auf, das das semiartikulierte Grölen der vermeintlichen Helden imitieren soll.
Unglaublich, aber wahr: Es gibt Menschen, die verdienen damit ihr Geld. Nicht damit auf dem Sofa liegend vor sich hin zu grunzen, sondern damit, dass sie sich filmen, wie sie Spaß an der Konsole oder am PC haben. Manche lassen vor und in ihren Beiträgen Werbung schalten, andere lassen sich direkt über Spenden (direkt bei PayPal oder Systeme wie Patreon) bezahlen. Ja, Leute bezahlen tatsächlich Geld dafür, dass sie anderen beim Spielen zugucken können.
Im Sport ist das nix Neues. Mitfiebern im Stadion ist beliebt. Der wahre Fan muss schon mit einer Jahreskarte dabei sein. Aber ist das nicht ein wenig anders? Man ist in einer Gemeinschaft, man trinkt, man jubelt, man feuert an. Man lacht und weint gemeinsam. Selbst, wer Sport am Fernseher sitzt, ist mit ganzer Seele und oft auch Körpereinsatz dabei. Das ist ein großer Unterschied zu einem hin und wieder phlegmatisch angerülpsten „bruh…“
Zum Teil verstehe ich das ja. Wenn jemand darüber nachdenkt, sich ein Spiel zu kaufen und sich im Vorfeld das Gameplay anschauen möchte, ist so ein Video sicher nicht schlecht. Das gleiche gilt, wenn ich selbst an einer kniffligen Stelle festsitze und mir einen Tipp holen möchte. Aber sonst? Der YouTuber „Gronkh“ (klingt auch wie das saftige Aufstoßen nach der dritten Dose „Rockstar“) hat inzwischen an die 5 Millionen Abonnenten. Das sind über sechs Prozent der Bevölkerung in Deutschland, die ihm folgen. Er hat (zum Teil in Kooperationen) alleine 21.000 Minuten Minecraft nicht einfach gespielt, sondern online gestellt. Wer möchte, kann also dem 41jährigen gebürtigen Braunschweiger für mehr als zwei Wochen am Stück dabei zuschauen, wie er virtuelle Bauklötzchen aufeinanderstapelt. Stein. Auf. Stein.
Auf Stein.
Auf Stein.
Auf Stein…
Gronkh verdient damit seinen Lebensunterhalt, hat Preise gewonnen und wurde in Talkshows eingeladen. Nun, warum auch nicht? Die Nachfrage regelt das Angebot. Für ihn und seine Kollegen ist das ein lukratives Geschäft. Man kann es ihnen kaum übelnehmen, dass sie aus ihrem Hobby Geld gemacht haben und nun fürs Zocken bezahlt werden. Wem wäre es ernsthaft zu verdenken, wenn er seine eigene Scheiße verkaufen würde, solange es Idioten gibt, die sie sich zuhause im Glas ins Regal stellen möchten? Die Dummen sind die, die den anderen beim Spaß haben zugucken, statt selbst Spaß zu haben, die trägen Blobs menschlichen Fetts, bei denen man sich nur sicher sein kann, dass sie noch leben, weil sie hin und wieder unartikulierte Laute von sich geben.
Was kommt als nächstes? Reaction-Videos, also Videos, die andere dabei zeigen, wie sie auf etwas reagieren. Da beobachtet man Leute dabei, einen Film oder auch nur einen Trailer zu sehen oder Musik zu hören. Wir gucken jetzt schon den Leuten beim Gucken zu!
Warum filmen wir nicht irgendeinen YouTube-Suchti dabei, wie er „Paluten“ beim Daddeln zuguckt, alle zwei Minuten „alder“ brabbelt und ansonsten vor sich hin verwest? Dann stellen wir das bei Youtube ein und machen davon ein Reaction-Video. Im Ergebnis schaut die Gestalt ein Video, in dem jemand seine Reaktionen auf einen Clip zeigt, in dem eine armselige Gestalt grunzend au dem Sofa sitzt und anderen auf YouTube beim Spielen zuschaut. Spätestens mit der vierten Verschachtelung des Konsums von Konsum konsumierenden Konsumenten zeigt ein Reispudding mehr intellektuelle Leistung als das menschliche Elend, das da katatonisch auf dem Sofa vor sich hin gurgelt.
Sehr witzig!