HaLLo, icH biN eS, sqSuisHy, der musikalische Tintenfisch. Ich habe seit schon einer Weile vor, irgendetwas über Musik zu schreiben. Irgendwas. Vor einem guten Jahr habe ich mich zum Thema Kunst geäußert, Musik steht entsprechend eigentlich schon lange an. Und seit meine Ablehnung der unerträglich repetitiven Wiederholungen eines Mark Forster schon Spuren von Besessenheit angenommen hat, dachte ich ja bereits, den Boden ausgelotet zu haben.
Klar, es gibt, wenn wir in der deutschsprachigen Musik bleiben, ja immerhin auch noch deutsche Volksmusik, aber bei dieser Scheiße a) ist das alles fast schon wieder putzig in ihrem weltfremden, (im wahrsten Sinne des Wortes) hinterwäldlerischen Mikrokosmos und b) muss man sich schon massiv aus dem Fenster lehnen, das ernsthaft als Musik und nicht als Folterwerkzeug für Kulturmasochisten zu bezeichnen.
Mark Forster und seine musikalischen Klone (Tawil, Oerdinger, Bourani, Giesinger und wie die ganzen Dreitagebartfratzen aus der Lionel-Ritchie-School-of-Schafsblick heißen) sollen auch gar nicht das Thema sein, selbst wenn ich zu ihnen und dieser niveaulosen Schlagermusik für Teenager eine Menge zu sagen hätte. Ja, die Forsters von heute sind die Matthias Reims und Wolfgang Petrys von gestern. Ich freue mich schon darauf, sie auszulachen, wenn sie in zwanzig Jahren vor eine krächzenden Horde verbrauchter, in Gesicht und Körperbau schwammiger Mittvierziger Frauen ihre angestaubten Hits in stickigen Bierzelten auf Volksfesten vor sich hin jaulen und sich physisch fit halten, indem sie den unförmigen hautfarbenen BHs des Publikums ausweichen. Schlimmer noch aber und als Abstieg absehbar wären Auftritte in der Prime Time der ARD.
Fun Fact: Ist schon einmal jemandem aufgefallen, das Max Giesingers verzweifelter Versuch des Frauenverstehertums „Wenn sie tanzt“ im Grunde unterschwellig sagt: „Hattest du mal abgetrieben…“?
Nee, mir geht es nicht um Deutsch-Pop, mir geht es um das, was in der letzten Zeit als Deutsch-Rap tituliert wird und sich auf so eklatante Weise von allem unterscheidet, was den deutschsprachigen Musikmarkt die letzten Jahrtausende befallen hat. Und wie der Titel schon sagt, soll das Thema Rassismus in dieser malignen Geschwulst auditiver Unterhaltung sein.
Aber „Halt!“, werden jetzt einige sagen. „Squishy,“ werden einige sagen, „gerade ein großer Teil der Deutschrapszene hat doch einen Migrationshintergrund. Wie kann man da von Rassismus sprechen?“ Ja, müsste ich da nicht viel eher über Rechtsrock und solche braunen Kackwürste wie „Sturmwehr“, „Sleipnir“, „Agitator“ oder gar „Arische Jugend“ (ernsthaft) oder das fehlgeleitete Frühwerk der „Böhsen Onkelz“ reden? (Inzwischen distanzieren letztere sich massiv davon, allerdings klebt ihr Schriftzug nach wie vor fröhlich auf den gleichen Autos, die auch schwarz-weiß-rote Fahnensticker und anderen Bullshit präsentieren. Egal, wo sie politisch stehen, ihre Musik ist nicht mein Geschmack.)
Nein, muss ich nicht.
Ich muss gar nichts.
Irgendwann sterben muss ich. Der Rest ist freiwillig.
Außer kacken. Kacken muss ich auch. Und das Ergebnis ist genau das, was solche Rechtsrock-Ärsche anstatt eines Hirns in ihren alkoholgeschwängerten Dünnschädeln haben. Das sieht und hört man aber auch gleich und das kommt nicht weiter überraschend. Keiner, von ein paar ebenso hirnbefreiten Einzelindividuen abgesehen, wird sich durch das zufällige Hören eines Albums wie „Juda raus“ (René Tucholskis „Arische Jugend“) plötzlich zum Rassisten werden. Die Sache ist einfach zu stumpf.
Aber man stelle sich mal vor, es gäbe eine Musik, die Leute davon überzeugt, dass Menschen mit Migrationshintergrund alle miteinander frauenverachtende, schwerbewaffnete Drogendealer sind, die nur mit ihren dicken Autos herumprotzen, auf das Gesetz scheißen anstatt sich mal um den fehlerfreien Umgang mit der deutschen Sprache auseinanderzusetzen?
Genau das tut allerdings Deutschrap. Allerdings, und diesen Einschub muss ich kurz bringen, rede ich nicht von deutschsprachigem Hiphop in der Tradition der Fantastischen Vier, die auch mal mit tiefgründigeren Texten aufgefallen sind. Mir geht es um den neuen deutschen Gangsta Rap. Unterlegt mit generischen Beats aus der Dose, die die Kids und Teens tanzen lassen, brabbeln Furzknoten wie Capital Bra oder Mero, Farid Bang und eine grobe Horde weiterer über opulente Automobile, Oberweiten, Rauschmittel, Schusswaffen, Geschlechtsverkehr und warum sie jeweils geiler sind als alle anderen. Das ganze wird garniert mit einer Menge onomatopoetischer Grunzlaute, sodass am Ende eine alberne Suppe aus sinnlosen Satzfetzen, Würgegeräuschen und Kraftausdrücken herauskommt:
Dicke Schlitten (allda bra würg!)
Dicke Fotzen (digga allda uga uga)
Dicke Titten (brrt bla dingdong)
Isch könnt‘ kotzen! (ballaballa brrt gargl-karg!)
–
Den AMG voll Koks, juchee! (schwubbl bargh! nuku-nuku)
Weil isch mit deine Mudda eine Numma dreh! (fick fick bra!)
Wisch dir den Arsch mit Hundertern ab (furz wisch agh)
Die Hämmorhoiden bring’n disch ins Grab (zickezacke-hühnerkacke!)
Haben die Herren das Ganze mit ein oder zwei Hits auf Spotify ausgelutscht, kommen auch mal sanftere Töne herbei, bei denen verzweifelte Gesangsversuche allerdings so tief unter einer schmierigen Schicht Autotune verbuddelt werden, dass man des Gefühl hat, es sängen die Fertigungsroboter des Wolfsburger VW-Werkes. Neben den wenigen Alexanders, Johanns und Kristoffers, die sich hier herumtreiben, findet man vor allem zwei ethnische Gruppen vor:
Diejenigen mit osteuropäischer Herkunft rollen dabei das „R“, als wären sie hätte ihr früheres Leben in der Mosh-Pit eines Rammsteinkonzerts geendet. Sie hocken sich in ihren Videos in die Gänge der Supermärkte gleich neben das Smirnoff-Regal, sodass man denkt, sie hätten dort dringliche Ausscheidungsbedürfnisse zu erledigen („Russian Squat“). Man kann sich förmlich vorstellen, wie die Gänge der Spirituosenabteilung des REWE am Kottbusser Tor in Berlin rutschig vor Russenscheiße sind. Dazu haben sie einen neuartigen Proleten-Chic etabliert: Adidas-Trainingsanzüge und Badelatschen, umgedrehte Baseballmützen (nur komplett mit Größenaufkleber – ein Wunder, dass nicht auch noch das Preisetikett dran hängt oder dass man es gewagt hat, den Transportkarton zu entfernen…) und großkalibrige Handfeuerwaffen als Accessoire, kombiniert mit einer mattschwarzen Protzkarre mit dem CO2-Abdruck einer Stahlhütte, die in den 4,2 Sekunden, die sie von 0 auf 100 km/h braucht, die halbe Biomasse des Jura-Zeitalters verbrät. Das Auto steht aber nicht zwischen den Regalen. Es parkt. Vor der Tür.
Der Sprachfehler, der bei denjenigen dominiert, die ihre Wurzeln aus dem Nahen oder Mittleren Osten oder gar Nordafrika ableiten (in wievielter Generation sie sich auch immer befinden), ist das Ersetzen des Lautes [ç] wie in „ich“ durch ein [ʃ], also „isch“ und eine stimmhafte Betonung stimmloser Laute, sodass etwas elaboriertes wie „Isch hab disch gefiggt!“ vollkommen normal wird. Die Autos sind hier vergoldet, so wie auch die Knarren und die Klöten. Die Kleidung ist weniger sportfixiert (auch, wenn das vorkommt), es dürfen auch mal schwarze Rollkragenpullover, Sweatshirts oder (igitt) Polo-Shirts sein, Hauptsache, sie werden mit Goldschmuck so lange dekoriert, bis sie Sonnenlicht in der Intensität einer Supernova reflektieren.
Ja, das klingt wie eine billige Aneinanderreihung von Klischees, die in den Rassismus abzugleiten drohte, wenn ich als Tintenfisch nicht über diesen Dingen stehe, weil ich weiß, dass so etwas wie menschliche Rassen gar nicht existieren (Genetiker wie Ulrich Kattmann haben belegen können, dass der individuelle Unterschied im Erbmaterial von Karl Ranseier zu Paul Brockmöller größer ist als der Unterschied zwischen dem durchschnittlichen Mitteleuropäer zu einem australischen Aborigine, sodass eine Einteilung in „Rassen“ keinen Sinn macht) und ich noch nicht einmal zu eurer Art, also auch nicht zu einer eurer eingebildeten Rassen gehörte und mich als Mitglied dieser über eine andere stellen könnte. Ich könnte mich des Speziismus schuldig machen, wenn ich mich als Tintenfisch den Menschen überlegen fühlte.
Und das tue ich auch, ist aber nicht das Thema.
Jedenfalls hatte ich genau dieses Problem, als ich anfing, mir Gedanken zum Thema Deutschrap zu machen: Wie kann ich über diese Musikrichtung schreiben, ohne den Vorwurf des Rassismus aufkommen zu lassen, wenn diese „Musiker“ versuchen, alle Klischees zu bedienen, die man finden kann: Die des kriminellen, frauenverachtenden Ausländers? Das geht ja so weit, dass sogar „biodeutsche“ (was für ein schwachsinniges Konzept) Rapper wie Bonez MC (einen Preis bitte für den Text von „Honda Civic“ wegen der ersten Verwendung des Wortes „Unterboden“ in einem weitgehend musikalischen Kontext) diese Bilder zu imitieren versuchen. Das Image wird in Verhalten und Sprache bis hin zu den vermeintlichen Sprachfehlern kopiert, bis man aufgrund der zusätzlichen Künstlernamen nicht mehr sicher sein kann, ob es nun Enes Meral, Vladislav Balovatsky oder Johann Lorenz Moser ist, der einen hier zusabbelt. Tatsächlich sind diese Aussprachefehler meist nur Affekt. Die Eltern sprechen oft besser die hiesige Landessprache als jene, die sich als „biodeutsch“ bezeichnen. Der Erfolg des Deutschrap verleitet dazu, diese Klischees fortzuführen und denjenigen Futter zu liefern, die aufgebracht brüllen, dass diese „Kanacken-Mucke“ zu einem Verfall deutscher Sprache und Werte führe.
Wenn sinistre Gestalten wie das Alice Weidel den Rapper Farid Bang als „asozialen Marokkaner“ bezeichnen, kann man ihnen das in diesem Fall noch nicht einmal zum Vorwurf machen (keine Sorge, Alice produziert genug anderen Grütz-Supp, den man ihr zum Vorwurf machen könnte), schließlich hat sich Herr Bang im gleichnamigen Werk selbst als solcher tituliert, bevor er das ganze mit der für sein Gesamtwerk so typischen ätherisch entrückten Lyrik schließt:
Du willst mein Brot, du scheiß Missgeburt
Du bist ’ne Fotze mit Bart wie Conchita Wurst, du Hurensohn
Erhebend.
Mir ist vollkommen klar, dass nicht wenige junge Männer aus kriminellen Milieus es mit Hilfe dieser Musik geschafft haben, sich aus denselben zu erheben – und das mag lobenswert sein. Absolut. Dafür ein ehrliches „Krass Respeggt, Allda! Ehrenmann!“ Andere aber haben vielleicht eine Maler- und Lackiererausbildung ohne jegliche Vorstrafen vorzuweisen. Sie geben allerdings ebenso gerne den bösen Kleinkriminellen, der sich wiederum als billige Kopie eines Oligarchensohns inszeniert, wie ihn John Wick an einem schlechten Tag in drei Sekunden mit einer Tube Handcreme abgemurkst hätte. Das Image des Bad Boy wird in Videoclips kombiniert mit einer Bildsprache, wie man sie vielleicht aus der Pornoparodie eines Fast and Furious Films kennt, wenn man das ganze mit einer komischen Mischung aus Bollywood und Donald Trumps feuchtesten Träumen verrührt.
Dies ist dann das Bild der Einwandererkinder, das der gut behütete deutsche Durchschnittsbürger präsentiert bekommt. Das hat in zwei Bereichen besondere Auswirkungen:
Erstens: Kinder und Jugendliche werden mit dem Zeug via Spotify gemästet, imitieren die Sprache, weil sie cool ist. Die bösen Jungs sind immer cool, weswegen Luke Skywalker auch nicht gegen Han Solo oder gar Darth Vader anstinken kann und hormonell irritierte Teenagerweibchen so furchtbar auf Vampire abfahren, selbst wenn es so weichgespült blasse Matschbacken wie die Milchbrötchen aus dem Twilight-Kosmos sind. Da wird sich dann auch schonmal für ein geliehenes Radiergummi im Kunstunterricht mit „Krass, Digga! Ehrenmann!“ bedankt (wobei das Wort Ehrenmann schon inflationär für alles eingesetzt wird, das sich nicht von vornherein wie ein grob gestricktes Arschloch verhält) und so manche Grundschullehrerin durfte sich inzwischen ein „Isch figg disch, du Foddse!“ aus dem Mund eines zwergwüchsigen Sechsjährigen namens Manuel Ephraim-Heinrich Jürgens anhören. Zum Glück wächst sich das bald heraus und ein großer Teil der Doofbratzen mit dem Wortschatzäquivalent einer Frankfurter Bahnhofstoilette wird zu heranwachsenden Doofbratzen, die das ganze nur noch in ihrem Freundeskreis bei Snapchat pflegen. Dabei wissen sie gleichzeitig, dass und wie das außerhalb dieser kleinen virtuellen sozialen Blase eigentlich geht. Also, ein großer Teil weiß das. Dieser Effekt ist gar nicht so schlimm, er wächst sich bei den meisten raus. Und irgend etwas gibt es immer, das euch „die Jugend verdirbt“.
Zweitens: In Gegenden mit geringem Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund prägt genau dies das öffentliche Bild. Wer nur Farid Hamed El Abdellaoui, das boshafte Abziehbild aus den Musikvideos kennt, nicht aber Dr. Muhammad Altan als Nachbarn hat, den Oberarzt für Neurochirurgie, der muss ja denken, alle Ausländer sind frauenverachtende, Knarren schwingende Drogenhändler vom Berliner Kiez, die mit dem zusammengeklauten Lambo herumprollen und eine seltsame Aussprache pflegen. Ich will es mal in Zahlen fassen: Nur fünf Bundesländer in Deutschland haben einen Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund von weniger als zehn Prozent – alle zwischen sechs und sechseinhalb. Der Bundesdurchschnitt liegt bei über 25% (wobei etwa die Hälfte davon Deutsche sind – wer sich fragt, wie das denn funktioniert, ist eigentlich doof). Fünf Bundesländer, die eine deutlich geringere Kontaktfläche zu potenziellen Meros, Capital Bras und ihresgleichen haben als alle anderen. Es sind übrigens auch fünf Bundesländer, in deren Landtagswahlen der Stimmanteil einer gewissen rechtspopulistisch-ausländerfeindlichen Partei höher ist als 20%. Warum es (natürlich) gerade diejenigen fünf Bundesländer mit der geringsten prozentualen Migrationserfahrung sind, in denen am lautesten gegen Migranten gewettert wird, hat mir noch keiner erklären können. Wenn dann Murat Yilmaz, Ingenieur für Elektrotechnik bei einem hiesigen Familienunternehmen, nebenan einzieht (oder gar ein Herr Boateng), dann wird gleich die Dackelkrawatte enger geschnallt, das in gebrochenem Deutsch verfasste Plakat von der letzte Pegida-Demo hervorgekramt, die Frau sicherheitshalber im Luftschutzbunker versenkt und das Horst-Wessel-Lied gesummt, während die gepanzerten Jalousien mit dem Geräusch eines Battallions MG 42 herunterrasseln.
Weist diese Menschen bitte nicht auf die Existenz von Andreas Bourani oder Adel Tawil hin. Das wiederum würde ihr Weltbild erschüttern und das mögen die Menschen nicht. Nein.
Fun Fact: Ist noch keinem aufgefallen, dass „Capital Bra“ aus dem Englischen übersetzt „großartiger Büstenhalter“ odert „BH des Todes“ heißt?
Na gut, es gibt künstlerische Freiheit. Lasst also den Menschen diese Musik, ihre fetten Beats und ihr pubertierendes Herumgeprolle. Kunst darf und muss frei bleiben, muss und darf auch „Das Leben ist ’ne Bitch, ich pack‘ die Schlampe an der Gurgel“ als hehre Dichtkunst empfinden dürfen. Vergesst aber nicht, dass ihr hier Klischees kolportiert, die ihr eigentlich nicht haben wollt, dass hier Gräben vertieft werden könnten, die keiner haben muss und mit der Deutlichkeit einer verschissenen Stürmer-Karikatur ein Bild vermittelt wird, gegen das dann linksgrünversiffte Gutmenschen wie mein Mitbewohner oder Bessertintenfische wie ich ankämpfen, während rechtsradikale Kackfratzen sich durch dieses Bild zu Taten wie in Halle, Hanau, Kassel etc. angestiftet fühlen.
Nein! Nein, wirklich nicht: Deutschrap ist nicht die Ursache für rassistische und rechtsextrem motivierte Gewalt. Deutschrap tut aber auch nicht wirklich etwas dafür, dass ihre Feindbilder abgebaut werden. Im Gegenteil.
Jetzt werde ich wieder viel zu politisch und lehne mich ein wenig zu weit aus dem Fenster. Aber das erwähne ich hier nur, um Kritiker, die mir genau das vorwerfen wollen, in die Parade zu fahren. Hah! Nehmt das!
Okay, ich sage es mal anders: Viele Interpreten des so genannten Deutschrap verstärken ein eigentlich rassistisches Klischee. Es braucht ein gutes, fähiges Gehirn, um das als das zu erkennen, was es ist: eine deutliche Übertreibung, die genauso wenig die sichtbare Wirklichkeit wiedergibt wie ein Avengers-Film oder (für die verbohrten pseudointellektuellen Spinner und Scorcese-Fans) ein kubistisches Portrait. An Gehirnen habe ich gleich neun zur Auswahl – ihr nur eines. Macht euch mal Gedanken dazu.
Und ich gebe zu, ich mag diese Art der Musik einfach nicht. Und abgesehen von meiner allerbestens begründeten Analyse dort oben ist das auch eine Menge Geschmack. In irgendeinem Keller sitzt ein verpickelter Fettsack mit seinem Computer und struppelt einen einfachen Beat zusammen, bestehend aus einem generischen Rhythmus, einem treibenden Bass und… ja. Eigentlich sonst nichts. Sounddatenbanken werden legal oder illegal irgendwo heruntergeladen, mit der Maus ein wenig hierhin und dahin geklickt. Man kann sich diese Beats auch kaufen und drübersabbeln. YouTube ist voll von Gratisbeats, mit denen jede Wurst seine stümperhaften Fäkalmonologe erbrechen kann. Dabei ist das prinzip hier ähnlich wie bei den ganzen halbgaren Proto-Teens, die meinen, sie könnten sich wie ihre großen Vorbilder Gronkh oder Ninja eine goldene Nase (oder den goldenen AMG, zumindest aber die vergoldeten Klöten) verdienen, indem sie mit ähnlichem Vokabular wie die Rapper („Allda“, „Digga“ und dazugehörige Würgelaute „Bruh!“) vor dem Bildschirm hocken und zocken. Let’s Play und Low IQ Prolo Rap gaukeln den Jung-Idioten die gleiche Illusion vor, dass man nix können muss, um reich zu werden. Vielleicht liegt hier ja die viel größere Gefahr des Deutschrap: Man muss nur undeutlich sprechen und möglichst viele Kraftausdrücke in einen Satz pressen, dann kommt das Geld schon von selbst. Aber ich fürchte, die erfolgreichen Rapper machen das dann trotz aller unzulänglichkeiten doch noch etwas besser als das unbeholfene Gestammel einer zwergwüchsigen Aknefarm.
Bei den Profis ist die Arbeitsteilung tatsächlich aber recht simpel. Irgendwer produziert den Rhythmus, die Kriminalproletei schmiert ihren verbalen Fäkalbrei darüber und garniert das noch mit mit diesem Mischmasch aus Gold, Adidas, Beretta, AMG, Koks und Smirnoff und einem Frauenbild, für das sich eine Stripperstange schämen würde. Ja, das hier benutzte Verb ist „produziert“ und nicht „komponiert“. Komponieren setzt ein stimmiges Zusammensetzen verschiedener Einzelteile voraus, die in Wohlklang oder Spannung miteinander agieren. Das erfordert Geschick, Gefühl und Verständnis für Musik. Hier wird aber nur etwas produziert, hervorgebracht also, etwa so wie das wiedergekäute Zeug, auf dem eine Kuh herumkaut.
Oder Scheiße.
Ja, ich bin da vielleicht ein intellektueller Snob. Ich darf das. Als Tintenfisch darf ich auch auf all diese Dinge herabschauen. Ich so oder so, ich schaue schließlich auch auf meine Cousins und Artgenossen Flöbbl und Rohrschach herab, wobei letzterer durchaus über einen Wortschatz verfügt, der Capital Bra die Schamesröte ins Gesicht treibt. Und ich gebe zu, dass auch nicht alle aus dem großen Bereich deutschen Sprechgesangs jetzt nur auf gehirnbefreite Weise ihre vermeintliche Männlichkeit unter Beweis stellen müssen. Sogar bei Kollegen wie Kontra K gibt es inzwischen durchaus mal mehr zu hören als „Ballern, Saufen, Bitches knallen, zugekokst in’n AMG-Sitz fallen (bra bra bla bla)!“ Auch wenn der Herr den gleichen Produzenten hat wie die Herren Bonez MC und Capital Bra, nämlich ein Duo namens „The Cratez“. Ich habe einfach ein Problem mit „Musik“, bei der die produzierende Person so viel Ahnung vom Musizieren hat wie ein Counter Strike Spieler vom Krieg. Es gibt auch gute, elektronische Musik, aber ihre Komponisten wissen meistens sehr genau, was sie da machen. Während The Cratez wahrscheinlich nicht einmal wissen wo und wie sie eine Gitarre anzufassen hätten, könnte der „Büstenhalter des Todes“ sich wahrscheinlich nicht einmal entscheiden, wem er mit dieser seltsamen Keule zuerst den Schädel einschlagen soll. Farid Bang oder sich selbst.
Aber das ist vielleicht auch nur so ein Klischee…
2 Gedanken zu „WarUm iCh DeuTSch-RaP blÖd fiNDe…“
Kommentare sind geschlossen.