Himmelfahrt? Eigentlich ist es das Ende der vierzigtägigen Zugabe der Wasser-zu-Wein-Tour von Jeezus C. Es wird aber nun im Volksmund in „Vatertag“ umbenannt und dient dazu, dass kinderlose Ästhetikbremsen mit einem Bollerwagen voller harter Spirituosen um die Häuser ziehen (und meistens wegen der Nachschublage einen gewissen Radius der lokalen Tankstelle nicht mehr verlassen). Der Gesang, mit dem sie dabei versuchen ihre blechern scheppernde Boombox zu übertönen, wird in einigen Ländern als Massenvernichtungswaffe angesehen. (Auszug aus: HaLLo! WeeN.)
An „Muttertag“ lassen sich die Gebärerinnen mit feinstaubverkrusteten Straßenrandsblumensträußen und Rorschachtests aus Wachsmalkreide beschenken. Sie revanchieren sich dafür mit einer bei Chefkoch.de entdeckten Fruchttorte, die aus einer Schicht Magerquarkzubereitung und einer schlammigen Massen aufgetauter Tiefkühlfrüchte besteht, welche so knackig ist wie eine Sputum-Probe und sich beim Essen anfühlt wie ein Löffel vollgesogener Zecken. Man ehrt mit diesen perversen Traditionen ihre Rolle als liebende, fürsorgliche Wesen, die in den Augen der menschlichen Öffentlichkeit den evolutionären Fehlgriff auszugleichen haben, dass sie nichts als unbeholfen zappelnde und fuchtelnde Fleischklumpen zur Welt bringen. Und wenngleich immer mehr Männer gleichberechtigte Erziehungspartner werden, wird nach wie vor von ihnen erwartet, ihren vermeintlichen Ehrentag so zu feiern, wie man es vom Klischee-Papa erwartet: Abwesend saufend mit den Kumpels.
Traditionell zelebrieren Menschen am Vatertag das gefühlte Klischee der Vaterrolle: gar keine. Egoistisch ziehen sie ohne Familie durch die Botanik, bewegen sich dabei, je nach Grad des Vertrauens in die mitgeführten Vorräte an Ethanollösungen in konzentrischen Kreisen um Tankstellen und (wo noch existent) Kioske, reden über Sport, den sie in ihrem angetrunkenen Zustand nicht ausüben können, Autos, die sie in ihrem angetrunkenen Zustand nicht mehr fahren dürfen, und die sekundären Geschlechtsorgane von Weibchen, denen sie sich selbst im nüchternen Zustand niemals werden nähern dürfen.
Ich habe allerdings das Gefühl, dass dieses Klischee täuscht. Das, was da als lallender und taumelnder Mob begleitet von Musik mit einem Textniveau für das sich Mario Barth schämen würde und der musikalischen Tiefe, bei der das Notenblatt von John Cages Meisterwerk 4’33“ komplex erscheint, sind tatsächlich nicht die Väter, sondern die Singles, die, manchmal bewaffnet mit einem oder zwei geschiedenen Alibi-Papas, die Parks und Wälder unsicher machen. Vatertag, das Himmelfahrtskommando einer wilden Horde enthemmter Penisträger, die erst Leergut auswerfen, dann einen lustigen Bier-Korn-Magensaft-Mix, sodass der ganze Bollwerwagen-Trek aussieht wie eine B52, die Napalm über dem Vietcong ausgeworfen hat.
Anmerkung 1: Egal ob Singles oder nicht, ich will mich hier nicht wirklich in eure geschlechter- oder genderabhängigen Erziehungsrollen einmischen. Tintenfische lassen ihre Blagen nach dem Schlüpfen unbeaufsichtigt in die Wieten des Meeres schwimmen. Warum? Weil die Weibchen von der Aufsicht über das Gelege so erschöpft und ausgelaugt sind, dass sie anschließend sterben. Und wo sind die Männer, diese chauvinistischen Arschkrampen? Die wurden leider nach dem Geschlechtsakt aufgefuttert, sodass sich die Damenwelt hier leider nicht beschweren kann. Unser Ansatz ist da so anders als eurer, dass ich mich da gar nicht erst meine einmischen zu können.
Anmerkung 2: In diesem wundervollen Jahr 2020 wir der Vatertag natürlich auch von Corona überschattet, das es vielerorts illegal macht, sich in testosterongeschwängerten Ansammlungen gescheiterter Männlichkeit zu ballen. Natürlich fühlen sich einige sofort gegängelt. Sie fordern sofort, selbst Verantwortung für sich und ihre Gesundheit übernehmen zu dürfen, demonstrieren damit leider, dass sie das ganze Problem der potenziellen Ansteckung anderer nicht verstanden haben und dass Verantwortung entsprechend etwas ist, von dem sie keine Ahnung haben und daher leider Verbote das einzige ist, was hilft.
Alternativ fühlen sie sich bereits in ihrem Grundrecht eingeschränkt, sich und ihre „Persönlichkeit“ frei zu entfalten. Eingebildete Grundrechtsverletzungen sind ja gerade in. Dabei hätte so eine Regel eigentlich schon lange erlassen werden müssen, um sie vor dem Verlust ihrer dort als unantastbar garantierten Würde zu bewahren. Oder gibt es etwas würdeloseres als eine Horde lallender Vollidioten, die, mit ihrem eigenen Erbrochenen verschmiert unbeholfen schlechte Lieder singen und krude Nachrichten an Waldhütten schmieren?