haLLo, eS isT sCHon wiEDEr sQuisHy, deR frÖHliChe, rEiSenDe TinteNFisCh. Heute berichte ich weiter von meinem Ausflug nach Dortmund. Der eine Typ, mit dem wir unterwegs waren, wollte dort unbedingt in eine Ausstellung. Ja, offenbar gibt es tatsächlich Menschen, die sich so etwas antun. Und er schleppte auch glatt seinen Nachwuchs mit. Bin mir nicht sicher, ob das erlaubt ist, aber er soll die beiden in Paris sogar durch den Louvre geschleift haben.
Für die Leute, die weniger gebildet sind als ich, in Ausstellungen geht es meistens um Kunst. Was Kunst genau ist, kann mir niemand so genau erklären. Bescheuert wird es, wenn sie es dennoch versuchen: „Kunst ist Geschmackssache.“ (Das sind Fritten auch.) „Kunst liegt im Auge des Betrachters.“ (So eine Phrase, die die meisten fröhlich wiederholen, aber auch nie ganz genau wissen, was das heißt. Dann heißt es oft, dass ein Kunstwerk für jeden was anderes bedeutet. Ich frage mich dann aber, warum man sich überhaupt damit abgibt, wenn es so beliebig ist. Kann ich mir auch ein Buch mit Rorschachtests anschauen…) „Kunst ist das, was in Museen hängt.“ (Das ist mal konkret, aber ich habe auch schon Feuerlöscher in Museen gesehen.) „Kunst drückt was aus.“ (Ist also vergleichbar mit dem Entfernen eines Pickels – manches sieht auch so aus, als käme es genau so zustande.) Ich werde mich der Frage mal ein anderes Mal ausführlich widmen müssen.
In dieser Ausstellung ging es um Musik. Macht erst einmal keinen Sinn. Weiß ich. Trotzdem. Der Typ ist total begeistert von diesem Zeug, also nicht von jeder Musik, was gut ist. Es gibt so viel Kroppzeug auf dem Musikmarkt… ich bin „nur“ ein Tintenfisch und mir muss auch nicht alles einleuchten, was die Menschen so tun, aber wenn ich mir die Musik im Radio anhöre, hat man den Eindruck, es spielt jedes zweite Stück das gleiche Lied. Für meinen Reisebegleiter muss es dafür unbedingt „was Besonderes“ sein. Er hört darum unter anderem diese Band Pink Floyd. Ja, also so besonders ist das jetzt nicht. Die Typen von der Band sind steinalt, machen zusammen gar keine Musik mehr (einige sind sogar schon tot) und so eine exotische Spartenband ist das jetzt auch nicht, wenn die zu den meistverkauften Musikern überhaupt gehören. Also ist der Typ auch nur so ein Mainstream-Mitläufer und Fanboy.
Überhaupt. Fans. Ich finde es immer wieder bemerkenswert, wie sich Menschen nicht nur für die Leistung anderer begeistern können. Das ist ja noch in Ordnung. Wenn jemand etwas leistet, kann man ihm auch Anerkennung zollen. Man darf ihn auch bewundern. Aber muss man das mit so einem quasi-religiösen Eifer tun? Da werden zuhause Poster aufgehängt und in der Öffentlichkeit werden die entsprechenden T-Shirts getragen, damit alle sehen können „Ich bin ein Fan von…“ Menschen tragen ihre Begeisterung zur Schau, präsentieren sie der Welt. Der Effekt ist allerdings der gleiche wie bei dem Onkel, der bei uns vor der Haustür immer mit seinen lustigen Zeitschriften in der Hand auf und ab läuft. Interessiert keine Sau. Tintenfische auch nicht, obwohl ich den Onkel schon Mal auf seine lustigen Broschüren ansprechen wollte. Aber was soll es? Fans identifizieren sich mit der Leistung anderer.
Manchmal geht das noch weiter und die Fans verfallen in eine Art religiösen Wahn. Weibliche Menschen in ihrer Verpuppungsphase basteln sich einen Schrein in ihrem Habitat, vor dem sie sitzen und das Opfer ihrer Aufmerksamkeit anhimmeln und anbeten können, verbunden mit Herzen und anderen Randnotizen in rosa Textmarker am Rand ihrer Schulhefte. Paarungsbereite Männchen müssen sich damit abfinden, dass sie in solchen Fällen generell nur als zweite Wahl betrachtet werden. Dies bezieht sich nicht nur auf Musiker, sondern auch auf andere Medien, wie Schauspieler.
Die Männchen dagegen widmen sich aus unbekannten Gründen weniger oft gut aussehenden und talentierten Weibchen (zumindest scheint das nicht ihr öffentlich ausgelebter Fokus – diese Sache mit den Geschlechtern ist echt komisch…), sondern dem Sport, insbesonders gerne dem Fußball. Dies wird gesellschaftlich nicht nur geduldet, sondern zum Teil sogar erwartet. Das ist schon etwas komisch, weil sich die Weibchen gut gebaute Herren ins Zimmer hängen, die Männchen dann aber auch – und zwar gleich im Rudel. Sie tragen die Farben ihres Vereins voller stolz und sind in dieser Hinsicht ebenso emotional wie die Weibchen, die am Bühnenrand eines Konzerts quietschen, kreischen und heulen. Die Männchen machen es im Stadion mit Bier, Bratwurst und Mannschaftsschal.
(Mir ist bewusst, dass auch Weibchen ins Stadion gehen und grölen und andererseits männliche Vertreter genau so der anderen Art des Personenkultes verfallen können, und das ist auch gut so, wenngleich selten und nicht von allen Gesellschaftsschichten akzeptiert. Ist kompliziert, ich sag’s ja.)
Um das mit dem Sport auch mal nachzuvollziehen, ging unsere Reise weiter ins Stadion eines bekannten Fußballvereins. Auch hier scheint die Parallele zur Religion angebracht. Wir haben kein Spiel gesehen, was mir auch ganz lieb war, aber man bekam auch den ganzen Brimbamborium drum herum beschrieben. Und der ist so von Ritualen durchsetzt, angefangen bei der Zahl der Treppenstufen, zur Kabine der gegnerischen Mannschaft. Es sind natürlich 13. Für die eigene Mannschaft nicht.
Wenn man so ein Spiel auf seine Grundstrukturen herunterbricht, dann folgt es, unabhängig von seinem Ausgang, einer strengen Liturgie, die mit großem Eifer verfolgt wird. Füllt man diese Struktur mit anderen Inhalten, hat man einen klassischen Gottesdienst. Das ist seltsam – aber so sind Menschen. Das hatten wir ja schon. Das sitzt sogar in der Sprache, wenn das Spiel und der ganze Kladderadatsch drumherum als (immerhin nur) „König Fußball“ bezeichnet und ein sehr guter Spieler (der mehr verdient als die Leute, die offiziell das Land regieren und exorbitant mehr als die, die versuchen aus verzogenen Mistbratzen einigermaßen gesellschaftsfähige Mistbratzen zu machen) auch „Fußballgott“ genannt wird. Die Herrscher des Sports werden hofiert und verehrt wie nichts Gutes, es sei denn, sie verlieren ein oder zwei Mal, dann beginnt der Untergang des Abendlandes und die vermeintlich Schuldigen werden als Volksverräter betrachtet.
Apropos Volksverräter: Die schlimmste Sorte Fans sind selbsternannte „Patrioten“ oder eigentlich Nationalisten. Sie sind Fans des Landes, in dem sie zufällig geboren wurden. Die tun sogar oft so, als wären die Leistungen irgendwelcher längst vergangenen Leichen praktisch ihre eigenen, und sind mächtig stolz auf eine Kultur, die sie mit ihrem hirnlosen Gegröle nicht gerade aufrechterhalten. Die Deutschen sind da besonders witzig mit ihrem „Land der Dichter und Denker.“ Denken tut kaum einer von ihnen, aber dicht sind sie allemal. Aber zu Nationalisten auch in einem anderen Posting.
Im Flur über der Musikausstellung schwebte ein riesiges, aufgeblasenes Schwein. Warum ich mich gerade jetzt daran erinnere? Keine Ahnung.
Ein Gedanke zu „FaNs: MacHt daS SinN? (trIp nACh doRTmunD 3)“