sQuishY spIElt fORtniTe… ?

HaLLo, iCh BIn eS wiEdeR, sQuisHy, dEr vERspIElte tInteNFiscH, und ich habe es getan – ja, ich habe mir die wichtigste Frage des Daseins gestellt: Was zum Geier ist der eigentliche Sinn von Fortnite?

Hier die Kurzfassung für alle, die es eilig haben: Man lässt sich aus größerer Höhe auf eine Welt fallen, bricht nach dem Aufprall in fremde Wohnungen ein und zerprügelt mit einer gigantischen Spitzhacke alles Mobiliar. Als nächstes kann man entweder einen hässlich groben Bretterzaun herbeizaubern oder man wird von einem Achtjährigen erschossen.

Und das ist eines der erfolgreichsten Spiele aller Zeiten. Aber es wird nicht besser. Hier eine kleine Geschichte: Ein Mann und eine Banane rennen durch ein Kriegsgebiet. Sie retten sich in einen Bunker, der eine Disco ist. Plötzlich ist im Kühlschrank eine leere Konservendose.

Was klingt wie einer dieser bescheuerten Träume, nach denen man nur weiß, dass er so peinlich und bescheuert ist, dass man die Story mit ins Grab nehmen wird, ist tatsächlich der Vorspann zu Fortnite Season 9.

Es ist einfach, sich über Dinge aufzuregen, von denen man keine Ahnung hat. Es ist aber auch dumm. Also: Schnell mal los, runterladen, losdaddeln und gucken, was daran jetzt so toll sein soll.

Angeschissen.

Auf dem PC braucht man erst einmal das Epic Games Mutterprogramm: Herunterladen, installieren, registrieren. Dann endlich Fortnite herunterladen, installieren, registrieren. Umstandlich, aber was erwartet man schon von einem Gratisprogramm? Eine einfache Installation? Nein. Und als ich gesehen habe, wie lange der Ladevorgang dauern sollte (lag vielleicht an der Internetverbindung draußen auf dem Riff), habe ich das abgebrochen. Epic Games anschließend zu deinstallieren ging nur oberflächlich gut, der Schrott lungert noch immer in Teilen der Registry herum. Aber was erwartet man von einem Gratisprogramm? Einen sauberen Deinstaller? Nein.

Zwei Tage später: Android-Version ausprobiert. Natürlich gibt es das Spiel nicht im Play Store. Stattdessen muss man ein Installationsprogramm herunterladen und installieren, damit man das Spiel herunterladen und installieren kann. Und wieder fing das Statusbalkengekrieche an. Fast 4GB sind nunmal eine Menge. Endlich, der Balken erlangt das ersehnte Ende und wird durch einen leeren Zwilling ersetzt. Entpacke… Ist das geschafft: Installiere… Ist das geschafft: Optimiere…

In der Zwischenzeit hat man Pyramiden errichtet, sind Hochkulturen aufgestiegen und zerfallen, Sterne verglüht und das Universum hat sich in eine unendliche kalte Leere hin ausgedehnt. Am Ende hatte ich nicht mehr viel Zeit, aber ich startete los, achtete kaum auf das nicht vorhandene Tutorial und sah schließlich, wie eine virtuelle Dame aus einem Ballon fiel.

Und fiel.

Und fiel.

Ich schrieb zwei Dissertationen und entwickelte ein Heilmittel gegen Saugnapfausfall, bis endlich die Figur auf den Boden traf, eine Spitzhacke in der Hand, und erschossen wurde. Für heute gab ich auf.

Am nächsten Tag der zweite Versuch und wurde begrüßt mit der Nachricht, es gebe ein Update. Ich müsse den Installer aktualisieren, um das Programm zu aktualisieren. Umständlich? Schon, aber was erwartet man schon von einem Gratisprogramm? Automatisches Update? Nein. Stattdessen gab es: Herunterladen, Entpacken, Installieren, Optimieren, und als Belohnung für die lange verpuffte Geduld: das lustige Intro mit der Banane und dem Kühlschrank. Anschließend konnte ich mich wieder ins Getümmel stürzen, nur um von einem pinken Sturm überholt und schließlich erschossen zu werden…

Fazit meiner Exkursionen: Ich kann es nicht. Ich habe es auch nicht so recht ausführlich versucht. Also: Ein Tutorial gibt es nicht. Aber was kann man schon von einem Gratisprogramm… ihr wisst schon. Es gibt verschiedene Spielmodi: Das Original war noch kostenpflichtig und man musste gegen Zombies kämpfen. Die Gratisversion beinhaltet einen Kreativmodus mit gewissen Parallelen zu Minecraft, einen Arenamodus, in dem man gegen kleine Gruppen antritt, oder Battle Royale, den beliebtesten, in dem man hässliche Bretterpaletten aufstellte, um von russisschen Vorschülern abgeknallt zu werden. Da liegt eines der Probleme: man wird mit Vollprofis in einen Kampf geschmissen. Man könnte mich auch im Trabi in ein Formel 1 Rennen schicken. Und ich habe nicht einmal einen Führerschein. Den Frust kann man am besten überwinden, wenn man spielt, spielt, spielt. Dazu habe ich aber keine Zeit oder Geduld.

Wie also sollte ich das Rätsel dann erkunden? Die Antwort: Let’s Play! Auch wenn ich kein großer Freund dieses Genres bin, bot es sich hier an. Und ich suchte mir ein Video des wohl erfolgreichsten Fortnitespielers heraus. Sein Name ist Ninja und er verdient unter anderem über seinen Twitch-Kanal (das ist eine Plattform, auf der Leute wie er ihre Eskaparden live zeigen) eine halbe Million im Monat. IM MONAT! Zocken vor der Kamera! Im letzten Jahr hat der Typ so viel Geld damit gemacht, dass er von den Einnahmen alleine bis zu seinem 100. Geburtstag etwa 8.000 Euro monatlich zur Verfügung hätte, ohne einen Finger krümmen zu müssen. So absurd das scheint, es verdient ein wenig Respekt. Nachdem er jetzt ein ganzes Jahr gezockt hat, könnte er nun den Rest seines Lebens… ähm… ja, was? Zocken? Arbeiten? Er könnte den Rest seines Daseins kackend auf der Toilette verbringen und trotzdem 8.000 Euro einfahren – vorausgesetzt, er legt das Geld nicht an, sondern parkt es nur im Schrank. Keine Ahnung, wie viel das Geld in dreißig, fünfzig, siebzig Jahren noch wert ist, aber immerhin.

Was ich beim Anschauen des Videos bemerkte, ist, dass ich Fortnite gar nicht verstehen kann, weil es an die falsche Spezies addressiert ist. Das Spiel appelliert an die Urinstikte des Menschen als Jäger und Sammler. Man rennt herum und schießt auf alles, was sich bewegt (Jäger) und kann so irgendwelche Gadgets freispielen (Sammler). Am Ende hat man eine besonders bunte Spitzhacke oder kann seine Spielfigur in ein kurioses Kostüm stopfen. Tatsächlich habe ich neulich einen vielleicht Zwöljährigen gehört, der stolz verkündete: „Ich habe nach zwei Wochen endlich die Kaktus-Skin freigespielt!“

Ernsthaft? Dieser junge Mensch verschwendet zwei Wochen seiner Lebenszeit, um sich in einer virtuellen Realität, die aussieht wie Vietnam auf einer Überdosis Disney als Kaktus zu verkleiden? (Stimmt, zur Grafik habe ich noch nichts gesagt, aber das muss warten…) Während das Rumgeballere der vordergründige Spaß ist, ist der gleich hinten anstehende tatsächlich das Sammeln von Extras. Skins, also Kostüme wie der Kaktus oder die Banane, aber auch grimmige Krieger oder ein Musiker namens Marshmello, sind das eine, Gegenstände wie fancy Spitzhacken das nächste, das letzte sind die Tänze.

Und die sind wirklich das Letzte! Das geht dabei los, dass sie vor allem dazu verwendet werden, um seine Gegner nach dessen Ableben zu verhöhnen (früher hat man dem Feind noch Respekt gezollt, wenn er kein Untoter war). Die sind aber inzwischen so beliebt geworden, dass man an jeder Straßenecke Grundschüler sieht, die diesen Scheiß nachäffen und sich dabei aufführen wie eine Gruppe Epileptiker beim Technokonzert. Politisch unkorrekt? Vielleicht, aber es illustriert das Geschehen besser als „eine Gruppe durchschnittlicher Personen, die um einen Tisch sitzen, Tee trinken und plötzlich aufspringen und aus bislang unerfindlichen Gründen (Gedankenkontrolle durch Chemtrails vielleicht oder Impfschäden) anfangen unkontrolliert herumzuzappeln.“ Wenn euch der Vergleich besser gefällt, nehmt den, weitere auf Anfrage. In fünf Jahren, wenn es noch einmal eine neue, beknackte Modeerscheinung gibt, wird man vielleicht sagen „ein Gezappel wie eine Horde Grundschüler beim Fortnite-Tanzen“.

Noch eine Nummer schlimmer werden diese Mistdinger, wenn irgendwelche Kiddies vor Erwachsenen herumhampeln, beschränkt grinsen und sich mit Daumen und Zeigefinger ein L auf die Stirn halten, das das Gegenüber als Loser bezeichnet. Diese unterentwickelte Scheißbratze hat nicht den Schimmer einer Ahnung, dass es gerade jemanden beleidigt. Was bin ich froh, dass Discos eigentlich aus der Mode gekommen sind (wenn sie nicht durch die Banane wieder populär werden), sie wären sonst voller Leute, die all diese beschränkten Moves machen und sich für die besten Tänzer halten. Und alle anderen würden sie feiern…

Kennt übrigens jemand den Film „Idiocracy“?

Übrigens: Wer nicht warten möchte, kann die Skins, Items oder Tänze auch kaufen. Beliebte Kostüme kosten umgerechnet 20 Euro. Es gibt Leute, die spielen mit ihrem Fortnite Konto bis zu einem bestimmten Punkt und verkaufen den ganzen Rotz dann auf ebay. Einige wollen tatsächlich hunderte, wenn nicht tausende Euro dafür haben. Ehrlich? Das bezahlt jemand?

Fast noch überraschender als der Preis: 3,79 Euro Versandkosten???

Aber so funktioniert das eigentliche Geschäft mit Fortnite: Jagen und sammeln, das mag jeder. Effektiver wäre man auf die Urinstinkte nur angesprungen, wenn man zusätzlich noch hätte virtuell kopulieren können. Dann hätte man aber riskiert, dass einige US-Hinterwäldler versucht hätten das Internet zu verbrennen. Wie auch immer sie das angestellt hätten. (Komisch ist aber, dass sie das angesichts der ganzen Pornografie nicht schon lange versucht haben… Aber wahrscheinlich sind Internetpornos das einzige, das diese totalbekloppten Bibelverehrenden Rednecks bei „Verstand“ hält.) So aber wird gezockt und gekauft, was das Zeug hält. Das Geld fließt am Ende in Strömen zu Epic Games. Entsprechend auch der Dialog gleich am Anfang des Ninja-Let’s Play:

„This is the most expensive pre-game I’ve ever had. They have a direct line into my wallet.“
„I don’t even think about it. I just spend. It’s not even like I think ‚Oh, should I?‘ I just, I just do it.“
„Yeah, it just happens. It’s just… Sometimes I don’t even realize it’s happened that my money’s gone. It does not make my wife very happy
[https://www.youtube.com/watch?v=FKjuLdW3apc, 0:26-0:54]

Natürlich saß Ninja selbst nur dabei und hat grinsend zugehört. Er selbst erstellt inzwischen nämlich „Content“ in Form von Skins und anderem virtuellen Kroppzeug und verdient so kräftig mit. Gratis? Was man gratis bekommt, ist ein langweiliger, drittklassiger Shooter mit überkitschter Bonbongrafik, klobigem Handling in Bezug auf Installation etc. Gratis ist die Kugel, die Tyler-Kevin aus der 2c der Sankt Bartholomäus Gedächtnis-Grundschule in Neu-Grottulm einem durch den Kopf jagt. Der Rest kostet, aber die Gemeinschaft der Fortnite-Spieler zahlt gerne…

Laut FAZ machte Epic Games im vergangenen Jahr 3 Milliarden Dollar Gewinn! Mal echt jetzt: Die Leute regen sich darüber auf, dass ein paar Bonzen eine Milliarde für den Wiederaufbau von Notre Dame spenden, aber es regt sich keiner darüber auf, dass das Dreifache für ein virtuelles Bananenkostüm ausgegeben wird? Mehr sogar, denn wir reden hier nicht von Umsatz, sondern von tatsächlichem Gewinn! Aber, wenn wir so anfangen, können wir gleich ganz wo anders weitermachen: Alleine in Deutschland wurden an Tabakwaren (also diesen Kräuterstangen, die Menschen sich in den Rachen schieben und dann anzünden, um sich selbst einen bunten Giftcocktail in die Lunge und von dort aus direkt ins Blut zu pumpen, der sie langsam einen qualvollen Tod sterben lässt) über 26 Milliarden Euro umgesetzt. Für gemeinnützige Zwecke wurden, dem Deutschen Spendenrat zufolge, in den ersten neun Monaten 2018 gerade 3,3 Milliarden Euro gespendet. Aufs ganze Jahr gerechnet (mit großzügigem Weihnachtsbonus) kommt man auf gerade in Fünftel dessen, was die Leute in Deutschland alleine dafür ausgeben, sich selbst umzubringen. Es ist schon beinahe putzig zu betrachten, dass eure Spezies fünfmal so viel ausgibt, sich einer künstlichen Rauchvergiftung zu unterziehen als anderen zu helfen! Ja, jeder ist frei in dem, was er so tun und lassen darf, aber in Anbetracht dieser Zahlen: HÖRT VERFLUCHT NOCHMAL AUF ZU MECKERN!!!

Ich schweife vielleicht ab, aber die Heuchelei einiger Leute ist etwas, das ich genau so absurd finde, wie das, was zwischen dem Mann und der Banane im weiteren Verlauf des Season 9 Trailers passiert.

Womit ich die Kurve elegant zum Thema zurückgefunden habe. Höhö!

Das Prinzip Fortnite ist also so einfach wie genial. Es ist beinahe schon ein Wunder, dass da keiner früher drauf gekommen ist oder dass jemand tatsächlich dafür ist, das Spiel einer Altersbegrenzung zu unterziehen. Denken wir mal vierzig Jahre zurück (kann ich eigentlich nicht direkt, aber ich habe meinen Mitbewohner gefragt, den alten Sack): Kinder rennen kreischend über den Schulhof und zielen mit Stöckchen auf einander, dann schreien sie „Peng, peng!“ Nachdem der frisch Verstorbene sich nach einer kurzen Respawn-Zeit aus dem Sand des Spielplatzes wühlt, vergleichen sie ihr Panini Fußball Sammelalbum. Eigentlich hat sich daran nix geändert. Nur der Preis der Sammelbildchen ist ins Unermessliche gestiegen und es sind keine Fußballstars mehr darauf abgebildet, es ist vielmehr ein Obstkostüm.

Geht auch ohne Geld: Ich und der neue Bananen-Skin!

Es gibt natürlich auch viele mögliche Kritikpunkte, die hier zusammengefasst sind:

  • Die Preise für Ingame-Käufe sind jenseits von bescheuert.
  • Die Tänze nerven!
  • Die Grafik ist nicht besser als vor zehn Jahren schon.
  • Kinder lernen, dass es okay ist, irgendwo einzubrechen und das Mobiliar zu zertrümmern.
  • Der ganze Installationsprozess ist eine Katastrophe.
  • Wer als Noob ins Battle Royale einsteigt, hat praktisch keine Chance oder sehr viel Langeweile.
  • Die Tänze nerven!
  • Das Äquivalent einer Story dahinter ist jenseits von beknackt. (Ich bekäme eine sinnvollere Geschichte durch Auswürfeln zustande!)
  • Die Tänze nerven!
  • Das Verhältnis der Einnahmen der Betreiber und einiger erfolgreicher Spieler zu anderen monetären Größen macht depressiv.

Es ist entsprechend erstaunlich, dass Herausgeber und Spieler genug Kohle mit einem digitalen Sandkasten-Spiel machen können, um den Rest ihres Daseins die Füße hochlegen zu können. Ich dagegen werde den Mist wieder deinstallieren. Wenn ich mal etwas Zeit übrig haben sollte, krame ich lieber eine gute Story wie bei Bioshock hervor. Ich werde sie sicher nicht darauf verwenden, ein Kaktus zu sein.

5 Gedanken zu „sQuishY spIElt fORtniTe… ?“

  1. Sehr schöner Beitrag erstmal, echt gut gelungen. Dem Inhalt stimme ich zu, wobei ich dieses Spiel selber mal gespielt habe, dies aber nur in der Anfangszeit getan habe, bevor es jeder sechs jährige kannte. Ich hätte mal einen kleinen Tipp zur Website, nämlich zu dem Archiv. Mit den Daten ist schon recht gut geregelt, nur mal sollte vielleicht auch direkt die Themen sehen. Klar, die Liste wäre unendlich, aber es kann wie bei anderen Websiten gemacht werden. Einfach einen „mehr lesen..“ Button hinzufügen und schon kann man sich alle Themen angucken. Ich persönlich fände das besser, gemacht werden muss es aber nicht. Overall schöner Beitrag und schöne Website, die einem mal zum Nachdenken bringt.

    Mit freundlichen Grüßen,
    ~Lennard

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