HeLikoPterelTerN II: Spaß mit hangewalktem Naturfilz

HallO, IcH biN eS enDlicH wiEdeR, sQuiShy, dEr biODynaMisChe TinTenfiSch. Wir betrachten heute einmal die Wunderwelt der Natur- und Handfilzer, kurz Filzis. Diese possierliche Spezies unterscheidet sich in vielen Punkten von den bereits beschriebenen Ronnys und Sandys. Fangen wir beim Lebensraum an:

1. Lebensgewohnheiten
Der Bau der Filzis steht meistens frei und ist nicht so sehr in Fünfzgergruppen gestapelt. Er ist oft stark dekoriert mit handgedrechseltem Naturholzmüll und riecht weniger nach der fetten Schicht Nikotin, mit der Familie Dunning-Kruger ihre Wände versiegelt hat, als eher nach einer Mischung aus Räucherstäbchen, Yak-Haaren und verschimmelten Kräuterteeblättern, die den Hauptbestandteil des mysteriösen Detritus unter der Spüle bilden. So entsteht ein biodynamisches Raumklima. Die Räumlichkeiten sind eher dunkel, die Fenster mit schweren Vorhängen aus grober Hanffaser verdeckt, Mobiliar und viele Gegenstände aus gut gedunkeltem Kiefernholz, entweder gelaugt oder unbehandelt. Man kann sich großzügig Splitter in vorbeischrammelnde Gliedmaßen ziehen, aber dies wird eher gern gesehen, denn die sich nicht selten anschließenden Entzündungen können mit einem Sud aus Heilerde und Fußnägeln behandelt werden, was entweder zu einer Stärkung des Immunsystems führt oder zu einer Blutvergiftung. In dem Fall muss das ganze mit einem groben Löffel ausgeschabt und der Patient so lange mit größeren Mengen homöopathischer Zuckerkugeln zugestopft werden, bis die Erreger an Diabetes verreckt sind.

Auffällig ist besonders die Küche, in der das komplizierteste elektrische Gerät eine monolithisch in eingebackenen Mehlresten thronende Getreidemühle ist. Geschirrspüler werden nicht verwendet, denn die Behauptung, sie seien energie- und wassersparender als das Abwaschen mit der Hand, sind nur Fake News der Haushaltsgerätemafia. Mikrowellenherde sind der Leibhaftige in Quaderform.

Exkurs: „Der Leibhaftige“ stellt im vergleichsweise dualistischen Christentum, was die unter Menschen nach wie vor am weitesten verbreitete Religion ist, eine Art ultimativen Bösewicht dar, der aus ganz bestimmten Gründen vom allmächtigen, großzügigen und liebenden Gott geduldet, ja sogar benötigt wird, weil er hin und wieder wichtige Personen in Versuchung führt, um wiederum deren Glauben zu testen. Glaube ist absolut wichtig für diese Leute. Man muss ihn regelmäßig prüfen und beweisen, selbst wenn Gott selbst scheinbar nicht so viel von Beweisen hält. Man soll nicht von ihm wissen, er verlangt, dass es auch ausschließlich über Gerüchte läuft. Der christliche Gott holt sich geradezu einen darauf runter, wenn er angebetet wird. Um das irgendwie sicherzustellen, muss er die Leute regelmäßig testen, wofür der Leibhaftige, auch Teufel, Satan, Luzifer oder so genannt, zuständig ist. Wenn er die Leute durch bunte Schicksalsschläge ärgert, quält, piesackt und foltert (geeignet sind hier Dinge wie Krankheit und Tod von Verwandten oder einem selbst, am liebsten Kinder) und sie trotzdem an einen gütigen Gott glauben, ist alles gut. Wer hat sich diese Sadomaso-Religion eigentlich ausgedacht? – Exkurs Ende.

Die in den Schränken der Naturfilzer verstauten Lebensmittel sind entweder im eigenen Garten gezüchtet oder kommen vom benachbarten Hofladen, tragen dann aber mindestens das „Demeter“-Siegel und wurden heimlich aus dem Ex-Regenwald ins Land geschmuggelt und umetikettiert. Fleisch kommt in Form staubtrockener Grünkernbratlinge auf den Tisch oder als blasse Tofuwurst. Man könnte auch eines der inzwischen auf dem Markt befindlichen vegetarischen/veganen Futtermittel zu sich nehmen, die tatsächlich besser verdaulich sind als Rindenmulch und mehr Geschmack haben als Dachpappe. Das ist aber nicht Hardcore genug. Getrunken wird Wasser, das in komplexen Verfahren mit positiven Schwingungen versetzt und energetisch aufgeladen, anschließend durch einen Filter mit Halbedelsteinen gegossen und am Ende fünf Minuten im Rhythmus von „Danke für diesen guten Morgen“ geschüttelt und in Glasflaschen abgefüllt wurde, bevor es in den Verkauf ging (ja, es ist einfach Leitungswasser, aber pssst!) oder Yogi- und Mate-Tee. Kaffee ist entweder selbstgerösteter Getreidekaffee oder verpönt, denn selbst Fair Trade ist noch lange nicht fair genug.

In den Kleiderschränken der Filzis findet sich der Ursprung des Yak-Geruchs. Was immer man trägt, die Namen beginnen mit einer kuriosen Herkunftsbezeichnung des Stils, der meistens mit T beginnt, einer obskuren Benennung des Objekts selbst, meist mit K beginnend, gefolgt von “aus “ und dem Präfix “hand-“ und einer Handwerksbezeichnung, die seit dem 30jährigen Krieg ausgestorben ist. Es schließt mit dem Namen eines Tieres, das man mit allem in Verbindung bringt, nur nicht unbedingt mit der Kleidungsherstellung. Wir hätten zum Beispiel

  • Tunesischer Kaftan aus handgefilztem Fennekhaar
  • Tibetanischer Kassock aus handgewebter Yakwolle
  • Tasmanischer Kumpf aus handgeklöppeltem Gürteltierschamhaar

Männliche Filzis tragen auch gerne grobkörnige Wollpullover, deren Garn selbstgesponnen wurde, während man von alten Vinylplatten die Hymnen der 80er Jahre Friedens- und Antiatomkraftbewegung abspielt (die man auch alle auf der Wandergitarre mitschrammeln kann, seitdem man auf dem letzten Kirchentag ein entsprechendes Selbstverwirklichungsseminar besucht hat). Alternativ gibt es Classic Rock – irgendwas, das mal rebellisch war. Oder man sieht sich auf einem alten Schwarz-Weiß-Fernseher Bundestagsdebatten auf Phönix an (und grunzt dabei unmelodisch) oder Holocaustdramen auf Arte, manchmal auch eine Hannes Wader Retrospektive auf 3Sat. Natürlich ist im veganen Kreis jede tierische Faser absolut verpönt, selbst wenn das Gürteltier einfach Haarausfall hatte. Dann ersetzt man die Flusen gegen Hanf- (wenn THC-frei), Kokos- (wenn nachhaltig) oder Bambusfasern (wenn Panda-neutral). Wer auf Nummer Sicher gehen will, bappt sich was aus Tannenadeln zusammen, die man nach dem Weihnachtsbaumverkauf am ZOB zusammenfegt. Abweichend vom Naturfaserfanatismus kann übrigens auch Outdoor-Funktionskleidung getragen werden, gerne auch in Kombination. Aber bitte nicht dieser Jack-Wolfskin-Mainstream-Mist. Das ist ein multinationaler Ausbeuter-Konzern und daher vergleichbar mit dem direkten Abkömmling von Jack the Ripper und Charles Manson (mit John Wayne Gacy, Ted Bundy und Niels Högel als Taufpaten). Der Leibhaftige trägt Jack Wolfskin.

2. Brutverhalten
Nach einer neunmonatigen Tragezeit bringt das Filzi-Weibchen ein bis zwei Welpen zur Welt. Nicht selten geschieht dies acht- bis zehnfach, was zwei verschiedene Gründe hat.

Erstens: Verhütung. Während viele mitteleuropäische Subspezies des Menschen zur Eindämmung einer weiterführenden Bevölkerungsexplosion darauf bedacht sind, ihre Nachkommenschaft auf ein Minimum zu beschränken (Ausnahme vielleicht die Sandys und Ronnys, die dazu einfach zu dämlich sind), gibt es viele Verhütungsmethoden, mit denen der Filzi so seine Probleme hat. Die Pille (ein Medikament, das zu künstlich herbeigeführter, vorübergehender Unfruchtbarkeit bei der Frau führt) ist ein unnatürlicher Eingriff in den Körper. Wer schon Probleme damit hat, wenn auf einer Lebensmittelverpackung steht „Antioxidationsmittel: Ascorbinsäure“, weil das ja „Scheißchemie“ ist, wird sich auch nicht von der Pharmaidustrie in seinem Hormonhaushalt herumwühlen lassen. Das sei ihnen natürlich freigestellt. Sie sollten aber trotzdem wissen, dass das ganze Leben ein einziger, komplexer chemischer Prozess ist (jeder Filzi ist also selber „Scheißchemie“) und dass Ascorbinsäure nix anderes ist als Vitamin C. Warum die Lebensmittelfutzis aber eher gruselig so klingende Bezeichnungen draufschreiben und nicht einfach „angereichert mit wertvollen Vitaminen“? Keine Ahnung.

Alternativ zur Pille sind Kondome, kleine Gummisäckchen, die sich der männliche Mensch über einen mickrigen Mini-Tentakel stülpt, mit dem er seine DNA durch die Gegend schleudert. Ich persönlich finde es ja schon etwas widerlich, dass Säugetiere ihre Erbinformationen mit dem gleichen Organ in ihre Weibchen injizieren, das auch zur Absonderung von flüssigen Ausscheidungen verwendet wird. Beim Menschen ist es besonders ulkig, dass hier das Männchen um diesen Tentakel ein schreckliches Gewese macht. Seine genaue Dimensionierung ist für das menschlich-männliche Selbtwertgefühl essenziell wichtig. Absurderweise verhält sich oft die Größe dieses „Penis“ genannten Appendix antiproportional zu Kaufpreis, Höchstgeschwindigkeit und/oder Spritverbrauch des bevorzugten Fortbewegungsmittels. Ja, das klingt vollkommen absurd und rein zufällig, aber was, wenn ich euch sage, dass da ein direkter kausaler Zusammenhang besteht? Das ist so bescheuert, dass ich mich schämen würde, mir so etwas auszudenken.

Fun Fact: Einige Tintenfischarten befüllen einen ihrer Tentakel mit zu übertragendem Erbgut, trennen ihn ab und bewerfen damit das Weibchen. Klingt für euch natürlich genau so komisch, wie für uns dieser Affentanz, den ihr um das Thema macht. Ich stelle mir gerade vor, die Menschen hätten ähnliche Praktiken. Gäbe es dann noch Pornografie?

Aber ich schweife ab. Stülpt das Männchen nun dieses Gummisäckchen über sein Anhängsel, verhindert er das unkontrollierte Austreten seines Genmaterials und damit eine unkontrollierte Vermehrung. Da diese Kondome aber aus Gummi bestehen und nicht aus gehäkelten Sisalfasern und der Rohstoff des Tentakelmantels (Naturkautschuk) vorwiegend auf monokulturellen Plantagen in Südostasien gewonnen wird, sind sie schlecht für den Regenwald und damit für das globale Ökosystem. Okay, ich habe das jetzt nicht überprüft, aber das haben die Filzis auch nicht. Also: Kondome gehen auch nicht.

Eine Möglichkeit führt dafür häufiger zu Erfolg: Abstinenz. Haben Filzis doch nur eine geringe Menge an Kindern, liegt das daran, dass die Attraktivität von Menschen, die nach einer Mischung aus mit natürlicher Kernseife gewaschenen Jutejacken, Räucherstäbchen und Teeblattdetritus riechen, einfach gegen Null geht, auch für solche, die selbst nach einer Mischung aus mit natürlicher Kernseife gewaschenen Jutejacken, Räucherstäbchen und Teeblattdetritus duften. Können sie dennoch nicht voneinander lassen, sorgt gegebenenfalls die unter ihnen große Verbreitung von Impfskeptik und weitgehend wirkungsloser Alternativmedizin dafür, dass sich ihre Zahl auf natürliche Weise reguliert.

„Fun“ Fact: Dieser eine Link hat dafür gesorgt, dass ich diesen Text vor zehn Wochen zur Seite gelegt und „mal eben“ einen kurzen Text übers Impfen schreiben wollte. So kann’s gehen.

Während das Weibchen nun also befruchtet wurde und das zukünftige Kackblag in ihrem Leib vor sich hin wuchert, übt sich das Männchen im Probetragen des drohenden Mitbewohners. Dies wird traditionell bevorzugt in einem Tuch getan, in das man einen mit Hokkaido-Kürbissen gefüllten Sack rammt und diesen mit sich schleppt, wohin man auch geht. Filzi-Frauen können das komplexe Gefummel instinktiv richtig binden, Männer als potentiell minderwertig latente Machos müssen das trainieren, was allerdings nur an einem ungelösten Mutter-Naturfilzermännchen-Konflikt liegt, dem man aber mit Bachblüten entgegenwirken kann.

Das Naturfilzerweibchen zieht sich kurz vor der Geburt in ein nahe gelegenes Waldstück zurück, gräbt sich eine Kuhle ins Laub, in das sie unter Anbetung des Mondes ihr Junges gebiert. Alternativ stehen auch Hausgeburten oder das Geburtshaus zur Verfügung, auch wenn das doch schon massivster Mainstream ist. Ins Krankenhaus zu gehen kommt gar nicht in Frage. Als Mutter weiß das Weibchen schließlich am besten, was für sie und die Welpen das Beste ist. Dubiose Gestalten wie ausgebildete Ärzte, Hebammen oder andere haben doch keine Ahnung. In vielen Fällen ist das Männchen mit anwesend und bestärkt seine Partnerin durch leere Eso-Floskeln, die sie im Geburtsvorbereitungskurs kennenlernen durften, da, wo man ihnen auch eingetrichtert hat, dass Männer scheiße und Wehen die übelsten Schmerzen sind, die man sich vorstellen kann.

Nach einer Phase unflätigen emotional aufgeladenen Gebrülles seitens der Mutter, tränenreichen Weichspülergefasels des Vaters und auf ewig traumatisierten Gekreische eines nun fürs Leben gezeichneten Fuchses, der zufällig vorbeikommt, um diesen unappetitlichen Vorgang zu sehen, glubscht der neugeborene Filziwelpe zusammen mit viel Blut und Schleim und gefolgt von einem Pfund Gehacktes, das man als „Nachgeburt“ bezeichnet, auf die Welt. Es bekommt prophylaktisch ein halbes Kilo homöopathischer Zuckerkügelchen in den Rachen gerammt, das mit Bachblütenessenz runtergespült wird, und wird damit ruhig gestellt.

3. Aufzucht der Jungen
Ausgerüstet mit einem Namen, der skandinavischer ist als die gesammelten Werke Astrid Lindgrens, wird das frisch geschlüpfte Wesen in die Welt hinausgelassen. Dabei sind sich die Eltern selbstverständlich einig darüber, dass es sich um eine extrem bedrohliche, grausame Welt handelt, die aus Cola- und Camparisaufenden Kapitalistennazis besteht und von allerlei Chemikalien, Handystrahlen und unwerten kulturellen Auswüchsen bis Einflüssen verseucht ist. „In die Welt hinausgelassen“ bedeutet also eigentlich das Gegenteil, da man am liebsten die ganze Existenz von seinen Larven fernhalten will. Abgeschottet von der Außenwelt wächst das Wesen so in einem metaphorischen Elfenbeinturm aus Kiefernholz heran, das Kinderzimmerchen dekoriert in undeutlichen Farben, die aussehen wie ein psychedelischer Albtraum, der mit dem falschen Waschmittel gewaschen wurde und zu einem anthroposophischen Pastellnebel ausgeblichen ist.

Kurz nach der Geburt wird der strampelde Krakeeler mit einer Bernsteinkette ausgestattet, was die Eltern darin bestärkt, dem zahnenden Kind etwas Gutes zu tun. Eine komische Erscheinung: Menschen und andere Säugetiere bekommen ihre Zähne erst einige Monate nach ihrer Geburt, sind also die ersten Wochen nicht in der Lage, sich vernünftig zu ernähren. Stattdessen müssen sie das Sekret aufgequollener Drüsen an der Vorderseite der Weibchen aus diesen absaugen. Darum „Säugetier“ Menschen finden das ganz normal, ihre Männchen erwählen ihre Weibchen nicht selten ausschließlich nach dem Volumen dieser „Titten“ und „Möpse“ genannten Drüsen. Dass sich der mit ausgehärtetem Baumharz dekorierte Nachwuchs beruhigt, liegt sicher an der ansteckenden Zufriedenheit der Eltern, ihm etwas Gutes getan zu haben (bzw. dies zu glauben), aber so richtig zum Schweigen bringt die angeblich magische Dekoration das Blag nur, wenn es sich daran stranguliert hat. Homöopathische Kügelchen werden auch in größerer Dosis verfüttert, auch wenn sie von dem Zahnungsschmerz nur ablenken, weil es die einzigen Süßigkeiten sind, die man der Kreischmaschine zumuten mag. Nebenbei: Eine so gezielte Wirkung (Linderung von Zahnungsbeschwerden) bei allgemeiner Zielgruppe (alle humanen Heulbojen) widerspricht eigentlich dem Gedanken der traditionellen Homöopathie, die sagt, dass die „Medikamente“ auf jede Person individuell angepasst werden müssen.

Die Ernährung wird so lange wie möglich über das Drüsensekret gewährleistet, bei einigen Hardcorefilzis geht das weit über den Erwerb von Kauwerkzeugen hinaus, weil, naja, ist so. Irgendwie stelle ich mir bei diesem „Langzeitstillen“ immer den grobschlächtigen Mittdreißiger vor, der noch zuhause wohnt und hin und wieder mit tiefer Bassstimme ruft „Mutter! Ich habe Hunger!“ Einige Jahre später eröffnet er ein Motel und lagert den mumifizierten Leichnam der Mutter mit einer in den Brustkorb geschraubten Milchflasche im Keller. Gruselig. Andere bekommen relativ bald verschiedene Naturprodukte zugefüttert, die mit Mandelmilch angerührt werden. Die dem Brei zugrunde liegenden Getreidesorten tragen Namen wie Amaranth, Amaymon, Quinoa, Sabnock oder Bulgur. Okay, das ist nicht ganz richtig. Bei zweien der Wörter handelt es sich um Dämonen aus den christlichen Mythen, aber wer noch nie bei einer studentischen Mitbringparty (alles Freunde aus den Fachbereichen Sozialpädagogik und Textil) einen Salat gegessen hat, dessen Zutatenliste wie ein babylonisches Beschwörungsritual klang, wird das kaum auseinanderhalten können.

Lecker Müsli mit Amaymon und Sabnock!

4. Betreuung, Erziehung und Bildung
Die Betreuung und Erziehung wird schließlich zuerst internalisiert. Das bundesdeutsche System der Elternzeit wird dabei maximal ausgenutzt, Teilzeitarbeit beantragt und sich abgewechselt, damit das zarte Pflänzchen bloß nicht mit anderen, potenziell schädlichen Einflüssen in Kontakt kommt. Wenn all das nicht funktioniert bleibt immer noch der Waldorf-Kindergarten.

EINSCHUB: Ein paar Worte zur Waldorf-Pädagogik, die ja nicht nur den Kindergärten sondern auch den vielfach gepriesenen Waldorf-Schulen zugrundeliegt. Dieses Jahr feiert diese Form der Einrichtung ihr 100jähriges Bestehen. Begründet wurde sie also 1919 in Stuttgart und benannt wurde sie nach einer Zigarettenmarke. Warum? Weil sie so etwas wie die betriebliche Kinderbetreuung der Stuttgarter Waldorf-Astoria-Zigarettenwerke war. Den pädagogischen Unterbau der Einrichtung lieferte ein gewisser Rudolf Steiner. Von den Anhängern seiner anthroposophischen Ideologie als Heiliger vergöttert ist Steiner eine mehr als zwielichtige Figur. Zuerst war er Publizist und hat Vorträge vor allem über Goethe und Nietzsche gehalten und kam darüber an die Theosophische Gesellschaft. Die ist ein kurioser Haufen Okkultisten, ins Leben gerufen von Helena Blavatsky, die in ihr eine schrullige Mischung aus hinduistischen Gurulehren und westlichem Rosenkreuzertum darbot. Aus Indien kommt der Glaube an Wiedergeburt und Karma. Die Lehren der Rosenkreuzer sind dagegen so eine Sache. Die wiederum gab es nämlich eigentlich nie. Jawohl. Alle möglichen esoterischen bis okkultistischen Clubs berufen sich auf sie, Namen so durchgeknallter Individuen wie Aleister Crowley kommen in der Liste vor. Dabei haben sich die Rosenkreuzer irgendwann mal im 17. Jahrhundert ein paar Studenten ausgedacht – als „ludibrum“ (so später der Kopf der Truppe, Johann V. Andrae), als Spielerei, die dann von einigen Leuten ernst genommen wurde. Steiner begründete seine Anthroposophie, die Lehre, die hinter den Waldorfschulen steckt, also auf der Grundlage der Theosophie, welche auf einem Studentenscherz basiert. Steiner selbst war ein sogar über die Maßen der damaligen Zeit hinausgehender Rassist, der aus der Wiedergeburtslehre der Hindus bzw. Theosophen schloss, dass Menschen in verschiedene Rassen hineingeboren werden, bevor sie die kaukasische (weiße) Rasse als höchste erreichen, die im Gegensatz zu der „Negerrasse“ („Da sind Instinkte, welche sich an das niedere, Menschliche anknüpfen.“) oder der mongolischen Rasse („Ihre Religion ist ein Dämonenglaube, ein Totenkult.“) „berufen ist, durch die Ausbildung logischen Denkens Werkzeuge zu schaffen“. [Hab ich mir nicht ausgedacht, also: Quelle auf Seite 144]

Eltern, die ihre Bratzen auf eine Waldorfschule oder einen solchen Kindergarten schicken, wünschen sich eine entschleunigte, entspannte Lernatmosphäre ohne Notendruck, dafür kreative Methoden. Was sie bekommen, ist eine in manchen Punkten religiös dominiert verstrahlte Eso-Ideologie. Und das Klischee, dass man auf der Waldorfschule lernt, seinen Namen zu tanzen, kommt von der anthroposophischen Methode der Eurythmie (viel Spaß):

Ja, man lernt tatsächlich seinen Namen zu tanzen… Das war das E. Eurythmie ist ein Ausdruckstanz und, Überraschung, laut Oma Wikipedia bezahlen einige Krankenkassen „Heileurythmie“ als alternatives, anthroposophisches Behandlunsgverfahren:

Im Rahmen der anthroposophischen Medizin wird Heileurythmie bei akuten, chronischen oder degenerativen Erkrankungen des Nervensystems, des Herz-Kreislauf-Systems, des Stoffwechselsystems und des Bewegungsapparates angewendet. Weitere Anwendungsgebiete sind kindliche Entwicklungsstörungen und Behinderungen sowie Psychosomatik, Psychiatrie, Augen- und Zahnheilkunde. [Quelle]

Einfach nur bescheuert finde ich die Sache mit der Augenheilkunde. Die Krankenkassen bezahlen kaum bis gar nichts zur Brille, dieser Sichtkrücke für sehbehinderte Menschen dazu. Aber den eurythmischen Heiltanz dazu, den schon? Wie dämlich ist das denn? Apropos dämlich, für mich sieht das Ganze eher so aus:

Was am Ende bei den Waldorfschülern herauskommt, hängt stark davon ab, mit welchen Lehrern man es da zu tun hat. Einige folgen Steiner mit halbreligiösem Eifer, andere sind da realistischer. Seltsam ist der ganze Club auf jeden Fall. Da wird zwischen physischem Leib, Astralleib und Ätherleib unterschieden und so einem Scheiß. So schrob das Anthro-Wiki: „Die drei leiblichen Wesensglieder wurden bereits auf den der Erde vorangegangenen planetarischen Weltentwicklungsstufen verlangt. Auf der Erde kam dann das Ich hinzu.“ Nur mal so: Das ist der ideologisch durchgebratene, vollkommen abgedreht überkandidelte Bullshit, auf dem die Lehre der Waldorfpädagogik basiert. Dort wird noch an die Vier-Säfte-Lehre des Mittelalters geglaubt. Und der Mist bildet auch die Grundlage der anthroposophischen Medizin übrigens, die neben Ausdruckstanz als Krebstherapie und Malen gegen Querschnittlähmung auch die klassische Homöopathie umkrempelte und anstatt deren (vermeintlich) empirischen Ansatz eher auf „spirituelles Begreifen“ setzt. Dieses ganze Eso-Geschwafel wird jetzt versucht, mit dem säkularen Lehrplan der staatlichen Schulen in Einklang zu bringen.

Überraschung: Waldorfschüler machen überdurchschnittlich oft Abitur. Warum? Leider liegt das wohl kaum an der psychedelisch verkorksten Flöbbl-Suppe, die im Hintergrund vor sich hinschwurbelt, sondern vielmehr an der Tatsache, dass das Klientel der Waldorfschulen so oder so aus dem naturfilzenden Bildungsbürgertum stammt und, wie man leider weiß, Deutschlands Schulsystem weder nach oben noch nach unten sehr durchlässig ist. Das aber jetzt auch noch aufzugreifen, würde hier den Rahmen sprengen. So, bevor das hier zu weit führt, deklariere ich hiermit das EINSCHUB ENDE.

Waldorf-Kindergärten sind trostlose Einrichtungen mit blassen, verwaschenen Pastellwänden und abgegrabbelten Holzgegenständen. Ein einziges Mal habe ich meine Tentakel in eine solche Einrichtung ausgestreckt und was ich vorfand, wünsche ich keinem Menschen an den Hals oder Tintenfisch an den Mantel. Dunkel und kahl, nichts Buntes, alles sah aus, wie Chagall im Regen. Blasse Pastelltöne und trauriges Spielzeug. Auch die Schulen sehen nicht unbedingt besser aus. Schiefe Formen und unbehandeltes Holz kombiniert mit nacktem Beton. Wunderschön. Egal wie sehr diese Einrichtung zu nachhaltigen Depressionen verleitet und egal, wie sehr über all dem ein sanft vor sich hin schielender Jesus prangt, dessen Botschaft „kommt zu mir, ich liebe alle Kinder“ mich doch irgendwie skeptisch werden lässt (vielleicht fehlt mir da der unkritisch religiöse Blick): Für die Naturfilzer ist eine Waldorf-Zigaretten-Gedächtniseinrichtung das absolute Non-Plus-Ultra. Wenn man es mal schafft, den total durchgeknallten esoterisch verschwurbelten Unterbau zu ignorieren, kann das auf eher freiem Lernen und Kreativität ausgerichtete System dem einen oder anderen tatsächlich was bringen. Es aber als Bastion gegen schlechte Einflüsse von außen zu betrachten und als Allheilmittel für die Notstände der Bildungspolitik zu sehen, ist jenseits von naiv. Je mehr Waldorfschulen als Pop dargestellt werden, um so diverser ist das Klientel, um so wahrscheinlicher die Wahrscheinlichkeit, dass mal jemand eben nicht auf kräuterteeschlürfende, pastellfarbene Kuschelpädagogik anspringt, sondern nach ein paar Schlägereien den Schulhof einfach zu seinem uneingeschränkten Königreich erklärt.

Ist mal keine dieser Anstalten verfügbar, muss die wohlbehütete Wencke-Tjorven Hackbart so oder so auf eine normale, staatliche Regelschule, wo es den schlimmen Einflüssen der wirklichen Welt ausgesetzt ist. *grusel* Die Lehrer dort wissen doch gar nicht, wie man mit den zarten Pflänzchen des sorgsam gehüteten Filzer-Hofs umzugehen hat, wo Populärmusik als teuflischer Kommerz verhasst ist und das Internet eine Jauchegrube des Finanzfaschismus darstellt. Noch vor dem ersten Elternabend, meist sogar vor dem ersten Schultag, wird ein mehrere Seiten langer, handgeschriebener Brief mit der Gebrauchsanweisung für Pelle-Jarno Schultz eingereicht, der neben den verschiedensten Allergien (die aus, naja, Gründen aufgetreten sind, obwohl das Blag nicht geimpft wurde – komisch – wahrscheinlich hat es mal mit einem geimpften Kind zusammen bei einer [natürlich streng materiell ausgerichteten] Geburtstagsfeier aus dem gleichen [Schande!] Plastikbescher getrunken) auch all die psychische Pein beschreibt, die das arme Kind in den letzten Jahren (oder einem vorhergegangenen Leben, weiß man nicht) ertragen musste. Seltsamerweise gab es ein paar Kinder in der Nachbarschaft, die sich über Sverre-Ole Pöllmeyer lustig gemacht haben, der da einen Tadschikischen Keibler aus handgeknoteten Tapirohrenhaaren steht, denkt, Mobiltelefone verschmutzten seine spirituelle Reinheit, und riecht, als habe man ihn drei Jahre in einem Güllefass gelagert.

Okay, Mobbing ist nicht okay. Und diese Scheißblagen, die über ihre eigenen (meist intellektuellen oder für sie verständlicher „hirn-style-mäßigen“) Defizite hinwegtäuschen, indem sie sich über andere amüsieren und ihnen das Leben schwer machen, sind nichts anderes als Arschlöcher. Kinder, Menschen im Allgemeinen und auch alle anderen Lebewesen sollten ihre Individualität nicht verstecken und sich einer tumben Masse anpassen müssen, nur um einer psychischen Gruppenfolter zu entgehen. Oktopoden passen sich an, um Beute besser aufzulauern oder von blöden Großfischen nicht verspeist zu werden. Bei uns ist das eine Frage des Überlebens. Menschen müssen sich nur anpassen, weil einige von ihnen blöde Sackfratzen sind.

Aber es ist in meinen Augen auch nicht okay, wenn einige von euch das geradezu provozieren und ihre Kinder aus gesellschaftlichem Trotz und verbohrter Arroganz in die Rolle des Mobbingopfer hineindrängen. Das ist eine Art der selbsterfüllenden Prophezeiung. Filzikindern könnte man auch ein Schild um den Hals hängen „Tritt mich, ich stinke,“ damit die Eltern es hinterher bemitleiden können, die Gesellschaft verfluchen und sich selbst als die einzig friedliebenden Menschenwesen feiern können und „es“ ja schon immer gesagt haben. Was auch immer „es“ jetzt ist.

Und mit dieser Auffassung geben die Naturfilzer ihr Kind auch in der Schule ab: Es ist ein armes, empfindsames Wesen, das beim ersten Windzug umfällt und in einer Klasse von dreißig kleinen Chaoten (zu denen es sich am liebsten dazugesellen und einfach Kind sein würde) bittesehr die meiste Aufmerksamkeit der Lehrperson bekommt. Bei all der friedlichen chakrenfreundlichen Ausrichtung des Lebensstils sind die Naturfilzer nämlich eigentlich nur eins: elitistische, arrogante Naturwürste. Tofu. In ihrem wirren Glauben, viel, viel geyler und toller (weil moralisch viel, viel geyler und toller) zu sein, hat die Lehrperson das schutzbedürftige kleine Wesen (welches vor allem seine Ruhe haben will) konstant zu überwachen und regelmäßig Berichte abzuliefern. Ein Beobachtungsbogen, mit Rote Beete Saft auf handgeschöpftem Papier aus recycleten Klorollen geschrieben, wird der Anmeldung an der Schule beigelegt. Zum Elternabend müssten sie eigentlich nicht mehr kommen, weil sie dem Lehrpersonal so oder so wöchentliche Meldungen am Telefon oder (falls der Lehrer schlau genug ist, keine Nummer herauszugeben) per E-Mail abpressen. Bei den Radikalen geschieht das per Brieftaube, die aber vorher schriftlich versichert hat, dass sie sich zu diesem Dienst freiwillig gemeldet hat und die nachfolgende Körnerportion als keine Bestechung sondern eine Freundlichkeit aus gegenseitigem Respekt angesehn wird. Natürlich sitzen sie am Elternsprechtag trotzdem wieder da und überziehen fröhlich ihr Zeitfenster, weil ihr Kind ja so wichtig ist. Dem Lehrer ist das jetzt auch schon egal, die Familie Dunning-Kruger, die man eigentlich viel dringender eingeladen hatte, kommt so oder so wieder nicht.

Wenig überraschend ist dann, dass das zur Seltsamkeit zwangserzogene Kind in den schulischen Leistungen durch die Bank brilliert (außer in Sport, wo Annukka-Mikka Huntemöller mit ihren von selbstgestrickten Hanfshorts wundgescheuerten Beinen lieber am Rand stehen bleibt). Wer bedingt durch seine verbohrten Eltern keine Freunde hat, hat auch mehr Freizeit, vorausgesetzt Kirchengruppe, Blockflötenunterricht oder Hilfsdienst in der örtlichen Suppenküche erlauben das.

In ihrem Glauben an die eigene Überlegenheit, die in ökologische Bescheidenheit gekleideter Absolutismus ist, tun gerade die Naturfilzer ihrem Nachwuchs mehr Grausamkeiten an als die meisten Helikoptereltern. Findus-Nilsson Kalkbrenner und Liv-Silja Brettschneider haben die intellektuellen Voraussetzungen, sich ihre eigene Individualität jenseits des esoterisch-ökologischen Diktats der Eltern aufzubauen, kämpfen hierfür aber gegen einen (nur metaphorisch) goldenen Käfig an (der selbstverständlich aus nachhaltig angebautem Bambus besteht, ist ja klar), dessen Stäbe härter sind als die Dickschädel ihrer verstrahlten Eltern. Squishy Nobones wünscht ihnen viel Glück.

Anmerkung: Dieser Artikel war eine harte, lange Geburt, nicht nur, weil er die ganze Impfgeschichte erst ausgelöst hat. Die werde ich natürlich bald wieder aufgreifen.Ein paar der dort fehlenden Teile sind schon fast, andere ganz fertig. Ich hoffe aber, der nächste Abschnitt der Helikopter lässt auch nicht lange auf sich warten, wenn wir in das Wohlfühl-Reich von iPhone, Latte Macchiato und Thermomix eintauchen.

Die Artikel dieser Reihe:

  1. HubScHRaPP-scHrApp-sCHraPp! AnGriFf dEr HeLikOpteRelterN!
  2. HeliKopteReLtern I: Sandy und Ronny Dunning-Kruger
  3. HeLikoPterelTerN II: Spaß mit hangewalktem Naturfilz
  4. hEliKOpterElterN III: Hygge! Hygge! Hygge!
  5. HeLikOpteRelterN IV: [noch ohne Titel]